Reden ist nur Silber, Schweiger!

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Schauspieler Til Schweiger macht sich mit seinem Flüchtlingseinsatz so manchen Fan zum Feind – und umgekehrt.

Die feine Klinge war nie das bevorzugte Werkzeug von Regisseur und Schauspieler Til Schweiger. Nicht in seinen glatten Romantik-Komödien, nicht als Hamburger „Tatort“-Kommissar und auch nicht bei seinem aktuellen Engagement für Flüchtlinge. Wenn er sich zu aktuellen politischen Themen meldet, dann meist mit der Holzhammermethode. Schnell findet er etwas „zum Kotzen“, oder es geht ihm etwas „auf den Sack“. Die Meinung der Masse trifft er damit oft, viele Fans haben ihm bisher seine freche Aussagen hoch angerechnet.

Das ist jetzt anders. Seit einigen Wochen macht sich Schweiger für Flüchtlinge stark. In Talkshows spricht er über seine Pläne, eine Unterkunft für 600 Asylsuchende im niedersächsischen Städtchen Osterode finanzieren zu wollen. Und er verliert dabei manchmal die Geduld. Beim jüngsten Auftritt in der ARD rief er CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer entgegen: „Sie gehen mir auf den Sack, echt!“, wofür er sich später entschuldigte. Ähnlich rüpelhaft begegnet Schweiger aber auch den Fans auf seiner Facebook-Seite. Dort greift er jene Poster scharf an, die ihn und sein Engagement für Flüchtlinge verurteilen und fremdenfeindliche, hetzerische Aussagen posten. Unter Einsatz von vielen Rufzeichen, Emoticons, Großbuchstaben und kleinen Rechtschreibfehlern lässt Schweiger seinem Ärger freien Lauf: „Ihr seid zum Kotzen! Verpisst euch von meiner Seite, empathieloses Pack!“ – „Ich guck auf euch runter, voller Mitleid und Verachtung.“

Schweigers ganz spezielle Direktheit bringt ihm auch Spott ein. ZDF-Komiker Jan Böhmermann macht sich inzwischen in einem Video über die unkontrollierten Entgleisungen des Stars lustig und unterstellt ihm in einem selbst verfassten Punkrock-Lied, er würde stets betrunken posten. Der Refrain lautet: „Ich bin besoffen bei Facebook! Ihr seid so arm und dumm . . . ! Til Schweiger bei Facebook“.

Schweiger gilt seit Langem als Parade-Außenseiter im deutschsprachigen Feuilleton, auch, weil er mit harten Kritiken an seinen Blockbuster-Filmen so schlecht umgehen kann, dass er sogar Pressevorführungen für Journalisten verweigert hat. Die Fans finden schließlich auch ohne Filmkritiken in seine Filme. Der Trotz ist sein Markenzeichen. Auf rassistische Aussagen seiner Poster reagiert er ähnlich beleidigt wie auf Kritiker seiner Filme.

Die „Publikumsbeschimpfung 5.0“ bringt ihm nun bei manchen Kritikern durchaus Respekt ein: Denn wenn er sein Versprechen mit der Flüchtlingshilfe halte, übernehme er nicht nur die Arbeit der Regierung, er biete auch Fremdenhassern Paroli. Wie übrigens auch einige andere Prominente wie Herbert Grönemeyer und Farin Urlaub von den Ärzten. Diese sind aber nicht so laut wie Trotzkopf Til.

E-Mails an: anna.wallner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.08.2015)

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