Twitter-Symbole: Das Herz funktioniert nicht überall

Um neue Kunden anzusprechen, hat Twitter den Gefällt-mir-Knopf neu gestaltet, den Stern durch ein Herz ersetzt. Den Nutzern gefällt das nicht.

Es ist das Einmaleins der modernen Internetnutzung: Der Daumen gehört zu Facebook, das Sternchen zu Twitter und das Herz, das sich beim Draufdrücken rot färbt, zu den lieblichen Fotoplattformen Instagram und Pinterest. Obwohl mit all diesen Symbolen dasselbe, nämlich Zustimmung ausgedrückt wird, gibt es feine und wichtige Unterschiede zwischen den verschiedenen „Gefällt mir“-Werkzeugen.

Im Silicon Valley will man sich offenbar nicht mit symbolischem Klein-Klein aufhalten. Der finanziell angeschlagene Kurznachrichtendienst Twitter, der sich gerade von 330 seiner 3900 Mitarbeiter trennt, hat am Dienstag überraschend einen Symbolumbau vollzogen und das Sternchen durch ein Herz ersetzt, das Wort Favorites wurde zu Likes. Twitter kämpft gegen sinkende Nutzerzahlen und Einnahmequellen und macht kein Hehl daraus, wieso es nun auf das Herz gekommen ist. Der Stern sei für viele Neulinge irritierend gewesen, schrieb einer der Produktmanager in einem Blogpost. Das Herz sei hingegen „ein universelles Symbol, das die Leute verschiedener Sprachen, Kulturen und Zeitzonen verbindet“.

Doch der neue Gefällt-mir-Knopf gefällt dem Großteil der 300 Millionen Twitter-Kunden eben nicht. Soziale Netzwerke sind die digitalen Wohnzimmer der Internetnutzer, und es zeugt von wenig Gefühl, dort unangekündigt die Tapeten neu zu streichen oder die Fernbedienung durch ein neues Gerät zu ersetzen. Der Herz-statt-Stern-Wechsel ist sogar mehr als eine neue Zimmerfarbe. Der Stern hatte mehrere Funktionen. Mit ihm konnte man sowohl Tweets von anderen favorisieren als auch diese für sich markieren, also ein Lesezeichen setzen.

Gerade die Manager von Twitter sollten wissen, wie ihr Netzwerk funktioniert. Anders als der digitale Hinterhof Facebook, bei dem nur mitlesen darf, wer vom Eigentümer persönlich hereingelassen wurde, ist Twitter ein großer, öffentlich zugänglicher Hauptplatz, auf dem Nachrichten und Meinungen geteilt werden. Jeder kann die Tweets von jedem lesen, Menschen folgen einander, ohne einander zu kennen – und das Sternchen war ein adäquates, weil zurückhaltendes Symbol der Anerkennung. Wie das Sternderl der Volksschullehrerin im Mitteilungsheft. Wer will schon einem beinah Unbekannten ein Herzchen schicken? Ein Symbol, das der stilisierten Darstellung von Feigenblättern entsprang, das die Menschen seit Jahrtausenden als Zeichen für Liebe und Zuneigung verwenden? Nicht einmal unter Freunden auf Facebook verteilt man rote Herzchen, sondern eben erhobene Daumen. Treffend beschreibt es der „Guardian“: „Stellen Sie sich vor, Sie wären dazu gezwungen, einem Unbekannten am Telefon statt mit einem neutralen Okay plötzlich mit ,Ich liebe dich‘ zu antworten.“

Das Herz wird die treuen Twitter-Nutzer nicht vertreiben, aber die Liebe, die das angeschlagene Unternehmen so dringend von seinen Kunden braucht, dürfte nicht größer werden.

E-Mails an: anna.wallner@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2015)

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