Wenn das Ergebnis der Politik nicht passt, wird es teuer

Wenn die Politik bei rein fachlichen Entscheidungen mitredet, wird die Rechnung am Ende oft hoch - so wie jüngst bei den Wiener Linien.

Hinter kleinen Details stecken oft interessante Geschichten. Der jüngste Rohbericht des Rechnungshofes zu den Wiener Linien ist so ein Fall. Dabei geht es nicht um die zentralen Themen des Berichts (Misswirtschaft, Ineffizienz), über die „Die Presse“ am 16. Februar exklusiv berichtet hatte, sondern um eine Studie, deren Kosten explodierten und die dann in der Schublade verschwand.

Die Vorgeschichte: Als vor Jahren die Verjüngung der Busflotte anstand (Investitionsvolumen: 90 Millionen Euro), beauftragten die Wiener Linien extern eine Studie. Sie sollte die umweltfreundlichste und wirtschaftlichste Antriebsform für Busse finden. Diese Studie war mit 80.000 Euro veranschlagt, die Kosten explodierten aber auf 189.500 Euro – was mehr als eine Verdopplung darstellt. Auch auf diesen Nebenaspekt hatten die Wiener Linien etwas gereizt reagiert: „Wir haben 20 Busse getestet, das kostet Geld.“

Aus dem Wiener-Linien-Umfeld ist zu hören, weshalb man unentspannt war: „Die Wiener Linien wurden für etwas kritisiert, wofür sie absolut nichts können. Die Politik hat die Kosten nach oben getrieben, das Unternehmen musste seinen Kopf hinhalten.“

Konkret erzählen in die Causa involvierte Personen: Für die millionenschwere Erneuerung der Busflotte hatten die Wiener Linien natürlich alle aktuellen Antriebssysteme geprüft. Das (selbst für die Wiener Linien) überraschende Ergebnis: Testsieger waren die modernen Dieselbusse; was PR-mäßig ziemlich schlecht war. Immerhin kreuzen täglich die roten Busse mit dem Aufkleber durch Wien: „Ich fahre umweltfreundlich mit Flüssiggas.“

Die Wiener Linien präsentierten die Studie Rot-Grün und kündigten an, die alte Flüssiggasflotte durch Dieselbusse zu ersetzen – was einen Aufstand der Grünen nach sich zog, ist in involvierten Kreisen zu hören: „Die Studie wurde als falsch und inakzeptabel bezeichnet.“ Es sei völlig unglaubwürdig, dass ein Dieselbus umweltfreundlicher sei als Flüssiggas. Wegen des erbitterten Widerstandes wurde die Studie wiederholt, massiv erweitert, es wurde geprüft und geprüft, weshalb die Kosten explodierten und man auch noch über die 100.000-Euro-Grenze kam, für die aber eine Ausschreibung gesetzlich vorgeschrieben ist. Die gab es aber nicht.

Am Ende dasselbe Ergebnis: Die Wiener Linien hatten keinen Fehler gemacht, moderne Dieselbusse sind umwelfreundlicher als Flüssiggas. „Dann hat ein Kampf begonnen“, wird in eingeweihten Kreisen erzählt: Die Grünen hätten sich trotzdem gegen den Kauf von Dieselbussen gewehrt. Das Argument: Dieselbusse würde man bei der Basis nicht durchbringen (Dieselmotoren besitzen nicht erst seit dem VW-Abgasskandal ein schlechtes Image).

Nach hartem Ringen gab es einen Kompromiss. Die umweltfreundlicheren Dieselbusse wurden gekauft, „das (der Technologiewechsel, Anm.) durfte aber nicht an die große Glocke gehängt werden“, ist im Umfeld der Wiener Linien zu hören. Als Folge passiert etwas, das man so formulieren könnte: Die (mit allen Nebenkosten) auf 300.000 Euro explodierte Studie verschwand in der Schublade – aus Angst vor der Öffentlichkeit.

E-Mails:martin.stuhlpfarrer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.03.2016)

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