Finanzminister Söder und sein Mitgefühl für Apple

Festakt ´Zehn Jahre ausgeglichener Haushalt´
Festakt ´Zehn Jahre ausgeglichener Haushalt´(c) APA/dpa/Peter Kneffel
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Die EU-Kommission bittet Apple zur Kassa. Der Konzern ist empört, Bayerns Finanzminister übrigens auch. Jedes Land hat eben seine Interessen.

Totaler politischer Mist“ nannte Apple-Boss Tim Cook die Entscheidung der EU-Kommission, nach der Irland von dem kalifornischen Konzern 13 Mrd. Euro an Steuern nachfordern müsse. Die Motive der Kommission seien politische, denn damit würden Steuern, die eigentlich in den USA bezahlt werden müssten, nach Europa verlagert werden. Anders als behauptet, habe Apple nicht bloß 0,005 Prozent der Gewinne versteuert. Der Konzern habe 400 Mio. Dollar Steuern gezahlt und sei damit der „größte Steuerzahler in Irland in diesem Jahr“. Übrigens plant Cook nun auf einmal im nächsten Jahr in den USA mehr Steuern als bisher zu zahlen. Das verkündete er am Donnerstag.

Der Konzern hat derzeit über 200 Mrd. Dollar im Ausland geparkt, die zum Teil noch nicht oder nur zu einem geringen Teil versteuert sind. Auf sie haben die USA keinen Zugriff. Die Steuern werden in den USA erst fällig, wenn Apple das Geld dorthin transferiert. Und genau das hat Cook jetzt vor. Der Grund? Die Rückführung kostet den Konzern zwar geschätzte 80 Milliarden Dollar an Steuern, doch den Rest kann der Konzern dann uneingeschränkt und weltweit für Investitionen verwenden. Hingegen verspricht der Geldberg im Ausland nur noch mehr Probleme zu machen. Bestärkt durch die harte Kommissionsentscheidung ist es gut möglich, dass künftig noch mehr Verfahren wegen unerlaubter Beihilfen auf Cook zukommen.

Keine Probleme sind aus dem Freistaat Bayern zu erwarten. Bayerns Finanzminister, Markus Söder, hält im aktuellen Konflikt nämlich eindeutig zu Apple. Die 13-Mrd.-Euro-Forderung sei „überzogen“, sagte er: „Wir brauchen faire Steuerregeln, aber keinen Handelskrieg.“ Bayern bzw. Deutschland will von der Kommission-Entscheidung offenbar auch gar nicht profitieren. Laut Kommission könnte sich die Nachzahlung Apples an Irland nur dann verringern, wenn andere EU-Staaten mehr Steuergeld vom Konzern eintrieben. Apple hat auch in München eine Gesellschaft, die im vergangenen Geschäftsjahr 112 Mio. Euro Umsatz machte. Es sei nach derzeitigem Stand aber unwahrscheinlich, dass Deutschland aufgrund der Entscheidung höhere Steuereinnahmen erhalten werde, teilte das Finanzministerium in Berlin schon einmal mit.

Auch von den anderen EU-Mitgliedern ist wohl nicht zu erwarten, dass sie sich als große Eintreiber aufspielen. Wichtiger ist es ihnen, weder Apple noch andere investitionsfreudige Konzerne zu vergraulen. Daher fragt sich, ob überhaupt Apple der wahre Adressat der öffentlichen Kritik sein sollte. Der Konzern tut zwar alles, um seine Steuern zu optimieren, hält sich dabei aber an die nationalen Gesetze. Und natürlich wird sich ein Betrieb lieber in einem Land niederlassen, in dem die Konditionen vorteilhaft sind. Allerdings wäre es nur fair, würden die fiskalischen Bedingungen für alle gelten. Dafür und für das Stopfen von Steuerschlupflöchern sind aber die Regierungen verantwortlich. Bedenklich wird es also, wenn einzelne Staaten wie Irland ausgesuchten Konzernen Sonderbehandlungen zusagen. Genau damit schaden sie dem Wettbewerb – übrigens auch im eigenen Land.

E-Mails an:judith.hecht@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2016)

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