Ich radelte über morgensonnengewärmte Ebenen in Niederösterreich. Die Luft war klar und süß, die Welt frühlingsbunt, ein überfahrner Hase lag auf dem Asphalt und auch Prince war tot. Das alles hatte was von "Hamlet".
Ich radelte über morgensonnengewärmte Ebenen in Niederösterreich. Die Luft klar und süß, Bäume und Hecken wie mit Wasserfarbe in Blütenweiß, Blütengelb und Blütenrosa verwischt, Wiesen und Frühgerstenfelder sattgrün schimmernd wie irische Matten, der Wind leicht und mild, und dann, unter dem blauen Himmel auf Asphalt, ein platt gewalzter Hase im eigenen Blut. Und Prince war auch tot.
Mich ließ dieser große Ausnahmemusiker, den sie am Donnerstag in seinem Haus bei Minneapolis (Minnesota, USA) tot auffanden - er war 57 - ja in Wahrheit meist eher kalt, gewiss seit den 1990ern. Zu barock, zu prätentiös, teils affig, zu viel Herumgehüpfe auf überladenen Bühnen, das große Getue kleinwüchsiger Männer halt. Aber sein Sound der 1980er war ganz sicher Wahnsinnsneuland. Der trieb einem Nägel zwischen die Rippen.
Man flippte bei „Let's Go Crazy", zog bei „Sign o' the Times" mystisch an allerhand Rauchwaren, tanzte bei „Purple Rain" Schleicher oder hätte das gern getan, und wen bei „When Doves Cry" nie Kummer, Weltschmerz oder sonst ein juveniler Alltagsalb drückte, der hat damals nicht gelebt. Und jetzt ist Prince tot. Wie Glenn Frey, David Bowie, Lemmy Kilmister, die in den vergangenen Monaten gingen, ja immer mehr musikalische Begleiter der 1980er kippen hinter den Horizont und in den Zeitennebel.
Wer wird wohl der nächste sein? Ach, da gibt's sehr viele Kandidaten. Auch die Leute von Genesis, U2, Simple Minds, OMD, New Order, Element of Crime, Depeche Mode, a-ha, The Police, The Cure, The Pogues, The Stranglers, The The und hunderten anderen Bands dieser Zeit, die vor allem von zu spät Geborenen so neidisch wie irrig als "musikalisch schiach" verspottet wird, sind nimmer ganz die Jüngsten. Iggy Pop, Morrissey, Andrew Eldritch und Co. inklusive. Nur die Rolling Stones werden noch als Mumien rocken. Und wie!
Und so ist der Rest, frei nach Shakespeares „Hamlet“, Schweigen. Wie sagt dort doch am Ende Horatio, nachdem Hamlet soeben am Gift verstorben ist: „Da bricht ein edles Herz. Gut Nacht, süßer Prinz. Mögen Heerscharen von Engeln dir zur ewigen Ruh singen." (wg)
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2016)