Ja, vergleichen darf man immer

Also, vergleichen Sie selbst, geht doch, oder?
Also, vergleichen Sie selbst, geht doch, oder?Screenshot The Simpsons
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"Das kann man doch nicht vergleichen!"- Jüngst fiel sie wieder einmal, jene elende, oft abschätzig intonierte Phrase bei Debatten.

Dabei ist der Satz, der häufig aus der Defensive heraus als Killerargument dienen soll, so unvernünftig wie falsch, letztlich töricht. Denn es ist ja so: Vergleichen ist ein Vorgang, kein Ergebnis. Vergleichen heißt, mehrere Objekte auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu prüfen. Beim Maximum von Übereinstimmung ergibt sich eine Gleichsetzung, meist aber nur mehr oder weniger bis keine Ähnlichkeit. Also: Vergleichen ist nicht Gleichsetzen!

Am berühmten Vergleich von Äpfeln mit Birnen etwa ist in Wahrheit logisch nichts problematisch: Beide sind Baumfrüchte, bestehen aus denselben chemischen Elementen, haben etwa denselben Wasser- und Zuckergehalt, etwa dieselben Volumina, etc. Nur: Dasselbe sind sie letztlich nicht, einander aber sehr ähnlich. Und das ist eben das nüchterne, rationale, völlig unideologische Ergebnis des Vergleichs.

Also: Vergleichen kann man immer, ja muss man sogar, es ist eine Grundmethode der Wissenschaft und etwa auch bei Literatur, Speisen, Sitten, Gerüchen, Geografie oder Geschichte normal. Man kann Eisen mit Gold, Benzin mit Diesel, peruanische mit polnischer Volksmusik, Wien mit Sydney, die Salzburger mit den Bregenzer Festspielen, Camus mit Sartre, den Zweiten mit dem Ersten Weltkrieg und sogar absurd Scheinendes wie Menschen mit Mäusen vergleichen. Politische, wirtschaftliche, soziale, juristische, historische Phänomene und Ereignisse natürlich auch. Das heißt ja nicht, dass das Ergebnis ein „=" sein muss.

Menschen, die „das kann man nicht vergleichen" sagen, wollen meist nur freies Denken und Abwägen blockieren, weil sie im Kopf bereits ein apodiktisches, verabsolutierendes Urteil haben. Rechthaberische Denkgegner scheuen das Vergleichen. (wg)

Reaktionen an:wolfgang.greber@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2016)

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