Ein schreckliches Idol

Aus der südwestlich von Moskau gelegenen Stadt Orjol erreicht uns folgende Kunde:

Am vergangenen Freitag wurde dort einem Mann ein Denkmal gesetzt, der als brutaler Herrscher in die russische Geschichte eingegangen ist. Die Rede ist von Iwan Grosnij, Iwan dem Schrecklichen. Der feierlichen Einweihung waren längere Debatten vorangegangen. Während der kommunistische (!) Gouverneur sich als überzeugter Befürworter des schrecklichen Iwan präsentierte, protestierten zahlreiche Bürger gegen das Vorhaben. Bei einer Umfrage stimmten schließlich 70 Prozent der Befragten dafür.

Orjol bekommt damit russlandweit die erste Statue für einen Zaren, der mit Vorliebe Kriege führte, einen Staat im permanenten Ausnahmezustand errichtete, seine Untertanen grausam unterdrückte, Tausende hinrichten ließ und im Zorn seinen eigenen Sohn erschlug. Man feiere Iwan als Gründer der Festung Orjol anno 1566, nicht aber als Gossudar, als Selbstherrscher, heißt es nun beschwichtigend aus dem Städtchen.

Papperlapapp! Iwan der Schreckliche kann als unausgesprochenes Vorbild für die gegenwärtige Epoche gelten. Er sammelte zunächst die „russische Erde“ und fiel dann in souveräne Staaten ein. Seine imperialistische Staatskunst ist heute wieder in Mode. Dieses Denkmal ist passend. Schrecklich passend.

Reaktionen an: jutta.sommerbauer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.10.2016)

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