Meinung Zum Tag: Der nächste Duden kommt bestimmt . . .

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ie Reklame für die Ausga be des neuen Duden, die für Ende August angekündigt ist, läuft in diesen Tagen an. Sie hebt wie üblich auf die 5000 neu aufgenommenen Einträge ab, unter ihnen Billigflieger, Ich-AG und Sars. Ihre langfristigen Überlebenschancen sind nicht allzu günstig, im Unterschied zu jenen Wörtern, die nun, nach acht Jahren, von Staats wegen rehabilitiert sind, aber vom Verlag nicht eigens beworben werden: daransetzen, hochdosiert, nichtssagend, vornüberbeugen und manche andere mehr, unter ihnen auch sogenannt. Schon vor vier Jahren war im Duden die klammheimliche Wiederaufnahme von besorgniserregend, furchteinflößend und anderen Wörtern dieses Musters zu verzeichnen. Jetzt zündet die zweite Stufe der Reform der Rechtschreibreform, und wenn es im gleichen Tempo weiterginge, hätte die deutsche Sprache in etwa zwanzig Jahren wieder eine Orthographie, die allen Anforderungen genügt. Bis auf weiteres aber bleiben Wörter wie zum Beispiel fertigstellen, Handvoll, kennenlernen und Zeitlang offiziell verboten.

Die Reformstrategen haben sich vor etwa fünfundzwanzig Jahren vorgenommen, das schwierige Gebiet der Zusammen- und Getrenntschreibung einer strengen Normierung zu unterwerfen. Im Sinne des Regelwerks galten ungezählte Wörter nur noch als "Wortgruppen", die aus den Wörterbüchern zu streichen waren: achtgeben, auseinanderhalten, ebensogut, ekelerregend, gutgelaunt, übriglassen, zuviel . . .

Als Paradebeispiel für die mit der Reform erzielten Vereinfachungen galt die Wiedereinführung der altertümlichen Schreibung "Rad fahren" anstelle von "radfahren". Auf die Substantvierung "das Radfahren" sollte sich diese Änderung gar nicht erstrecken. Trotzdem will zum Beispiel die Stadt Schwechat "in allen Bereichen des Rad Fahrens" Verbesserungen herbeiführen, um "das Rad fahren in Schwechat" noch populärer zu machen.

Die jüngsten Beschlüsse der deutschen Kultusministerkonferenz, derentwegen ein neuer Duden auf den Markt gebracht werden kann, ziehen nun unter anderem auch die Wiederzulassung des Adjektivs "radfahrend" nach sich. Der Jubel wird verhalten sein, denn längst haben sich die Zeitungsleser an Konstrukte wie "Herz zerreißend" gewöhnen müssen, Kollateralschäden der Reform. "Die Leid Tragenden sind die Kinder", stand im letzten Duden aus dem Jahr 2000 - als Beispielsatz, aber wohl auch als subversiver Kommentar zur deutschen Sprachpolitik.

Reinhard Markner

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