Gute Nachrichten für die EU

Nur schaffen sie es leider nicht in die Schlagzeilen!

Bad news is good news“, also gute Nachrichten sind für Medien schlechte Nachrichten. Umgekehrt sind schlechte Nachrichten für Medien gute Nachrichten – wir sehen und hören das jeden Tag. Schlechte Nachrichten erzeugen Gefühle von Angst, Schadenfreude, Mitleid, Neugierde, sind Grundlage für Kritik und Vorschläge.

Die letzten Europawahlen haben dieses ehernen Gesetz unter Beweis gestellt. Die auf Vorhersagen gegründeten schlechten Nachrichten wurden breit abgehandelt und erzeugten ein böses Klima. Schuldige wurden angeprangert, vorausverurteilt, abgekanzelt – das allgemeine Besserwissertum von „Politliteraten“, wie R. Menasse, M. Streeruwitz, D. Rabinovici, konnte seine Vorurteile seitenweise lustvoll auswalzen: Die Wahlbeteiligung werde weiter sinken, antieuropäisches Sumpertum werde triumphieren, Österreich sei wieder ein skandalöser Einzelfall, weil Rechtsextremismus insgesamt siegen und ihm vor allem die Jugend zugetrieben werde.

In diesem Meinungsklima fanden die Wahlen statt. Ihre Ergebnisse waren für die Unglückspropheten verheerend: Nichts vom schaurig-genüsslich Beschworenen trat ein. Kommentiert wurden die wirklich erfreulichen Ergebnisse kaum.

Die Wahlbeteiligung fiel nicht, sondern stieg: von rund 42 auf 46%. Ein europaweit außergewöhnlicher Erfolg. Antwort auf den letztklassigen Wahlkampf. Für oder gegen Europa, das war zugespitzt das wahre Thema. Ein Ergebnis auch des endlich einfacher und verständlicher gestalteten Briefwahlrechts.

Eine große Mehrheit entschied sich nicht gegen, sondern für Europa: Volkspartei, Sozialdemokraten, Grüne machten zusammen 64 %, von den Martin-Wählern ist auch ein Teil für Europa, wenn auch kritikbeladen. Es bleibt also bei der seit 1994 herrschenden Drittelung der Bevölkerung: ein Drittel dagegen, zwei Drittel dafür. Gewonnen hat die Wahl die Volkspartei, weil sie die klarste Europalinie fuhr.

Von einem Rechtsruck im Allgemeinen keine Spur. Die Antieuropapartei FPÖ reichte weder in der inhaltlichen Radikalität noch im Ergebnis an Parteien heran, die in anderen EU-Staaten für einen Rechtsruck sorgten: in Italien, Holland, Ungarn, Polen, Dänemark u. a. m. Der liberale Economist (GB) verzeichnet daher zu Recht bei uns keinen Rechtsruck, wohl aber in vielen anderen Ländern. Österreich ist also weder rechtsextrem noch skandalöser Einzelfall.

Die Jugend wählte zum größten Teil die Proeuropaparteien. Die FPÖ verlor fast ein Viertel ihrer Stimmen bei den unter 30-Jährigen, Jugendbester war die ÖVP.

Diese „guten Nachrichten“ machten keine Schlagzeilen; statt der Politliteraten muss daher ein Querschreiber den Scheinwerfer auf sie richten!

Univ.-Prof. Andreas Khol war Nationalratspräsident.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2009)

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