Zeitumstellung, ein Sommermärchen! Krieg der Studien für und wider droht

2015 muss in der EU über die geltende Regelung wieder geredet werden. Gegner und Befürworter formieren sich. Wirtschaft, Verkehr, Energiesparen vs. Gesundheit, Wohl der Tiere, Energielüge.

Es ist an der Zeit, sich eines wirklich wichtigen Themas anzunehmen. Kein Nachdenken also darüber, dass jeder oder jede in der Politik offenbar seinen/ihren Preis hat, mit dem er/sie sich Glaubwürdigkeit abkaufen lässt – wie uns das diese Woche Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler und Ex-Landesrat Harald Dobernig von der FPK vor Augen geführt haben, oder am laufenden Band jene, die innerhalb von 24 Stunden zwischen Dementi und Übertritt ihr Herz für Frank Stronach entdecken.
Keine Empörung auch darüber, dass ein Versorgungsmandat im Bundesrat mit ungeheurer Kaltschnäuzigkeit von FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl als „Optimierungsposten“ bezeichnet wird. Auch nicht die dumme Frage stellen, für wie geistig beschränkt die FPÖ die Bürger hält.

Auch die angstmachende Erkenntnis, dass spätestens seit der grandiosen ersten „Zypern-Lösung“ der EU vor zwei Wochen keinem Politiker hier und anderswo in der EU getraut werden kann, ist nicht das Thema. Wir müssen uns eben darauf einstellen, dass das genaue Gegenteil jeder offiziellen Verkündigung und Beruhigung demnächst der Fall sein wird. Alarmstufe Rot als Dauerzustand? Das schaffen wir schon.

Was aber ist dann das Thema? Na, die Sommerzeit natürlich, zu der sich einige ab Sonntag wieder zwangsverdonnert fühlen. Glaubt man manchen Medien, so werden die Angriffe auf die Zeitumstellung von allen Seiten kommen. Aus Berlin vom EU-Abgeordneten Herbert Reul (CDU), wie die WAZ am Freitag berichtete, aus Linz, wo Landesrat Rudi Anschober (G) via Studie und die Grünen Gewerkschaft (AGE) sowieso dem Spuk ein Ende bereiten wollen, und aus Duisburg, wo es eine Demonstration gab. Von der Bürgerinitiative zur Abschaffung, die im Herbst 2012 vom Nationalrat still und leise schubladisiert wurde. Aber die haben nur wenige gekannt.

Morgenluft, ein Wort, das beim Uhrenverstellen um drei Uhr früh wie ein Gemeinplatz daherkommt, wittern die Gegner, weil die EU-Mitgliedstaaten 2015 eine neue Entscheidung treffen müssen. Zwar gilt die entsprechende EU-Richtlinie 2000/84 jetzt unbefristet, alle fünf Jahre wird sie aber evaluiert. Seiner Zeit immer voraus hat EU-Abgeordneter Andreas Mölzer (FPÖ) bereits im Juni 2011 die Kommission gefragt, ob sie einem Ende der Zeitumstellung etwas abgewinnt. Tut sie nicht, war die Antwort.

Spätestens jetzt erklärt sich die Themenwahl: Die Sommerzeit polarisiert mehr als der „Preis für Verzicht“ auf ein Mandat (© Mölzer über Dörfler/Dobernig) oder die Sicherheit von Sparguthaben. Sie kann ja, so die Gegner, die eigene Gesundheit und den Rhythmus der Kühe gefährden, was bei der Versorgung von Politikern eher nicht der Fall ist. Und sie kann mehr Energie kosten, als sie einspart, was uns teuer zu stehen kommt (Politiker allerdings auch).

Die Befürworter berufen sich auf den EU-Binnenmarkt, ein gewisses Maß an Energiesparen, auf eine Stunde mehr Helligkeit am Tag und alle positiven Studien, die es auch gibt. Sommerzeit als Glaubensfrage oder Krieg der Studien? Schlaue Politiker sehen bereits jetzt das Ablenkungspotenzial bis 2015 von existenziellen Themen wie Arbeitslosigkeit etc.

Die Erfahrung mit EU-Verantwortlichen in letzter Zeit sollte allerdings eine Warnung sein: Was immer sie bis 2015 punkto Sommerzeit ankündigen, das Gegenteil könnte wahr werden.

Zur Autorin:

Anneliese Rohrer ist Journalistin in Wien: Reality Check http://diepresse.com/blog/rohrer

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