Zwanzig Jahre und kein bisschen weiser: 5 Erkenntnisse aus der Kärntner Posse

Die FPÖ, inklusive FPK, schlägt seit der Verurteilung von Kärntens Vize-Landeshauptmann Scheuch wild um sich und verunglimpft die Justiz. Ministerin Karl schweigt. Das ist ein Skandal.

Vor genau 20 Jahren hatten sich tausende Kärntner zur Unterstützung für Jörg Haider vor seiner Abwahl als Landeshauptmann in Klagenfurt versammelt. Diese Woche waren es ein paar Hundert in Pörtschach für Uwe Scheuch. Die letzten zwei Jahrzehnte sind also spurlos an Geisteshaltung und Methode der Freiheitlichen vorübergegangen. Nur der Erfolg ist geringer.

Sie haben nichts gelernt, sich nicht weiterentwickelt: Die ewigen Schuldzuweisungen an alle anderen, der Opfertrick, die Angriffe auf die Justiz – immer das gleiche politische Theater. Fehlt jetzt nur noch, dass Vize Scheuch auch noch jene „Werde bedroht“-Nummer Haiders aus 2002 kopiert, über die ein ehemaliger FPÖ-Minister später sagen soll, sie sei frei erfunden gewesen.

Rest-Österreich aber bleiben von der Kärntner Posse fünf Erkenntnisse:

1.Wenn FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, Landeshauptmann Gerhard Dörfler u.a. von „Fehlurteil“ gegen Scheuch sprechen, fällt das unter Meinungsfreiheit. Wenn Justizministerin Beatrix Karl zu den wilden Angriffen auf Richter und Justiz tagelang schweigt, fällt das in die Kategorie politischer Skandal. Das hat sich der Rechtsstaat einfach nicht verdient. Auch nicht das Schweigen vieler Strafrechtsexperten.

2.Wenn nun manche glauben, die FPK in Kärnten würde keine Wahl mehr gewinnen, man müsse sich nur im Land umhören, so ist das Wunschdenken. Erstens hat es ähnliche Nie-wieder-Töne schon gegen Haider gegeben, der dann doch – Überraschung– immer wieder gewonnen hat. Zweitens sichern die beiden traditionellen Parteien ÖVP und SPÖ in Kärnten die Zukunft der FPK so ab, wie auf Bundesebene die Zugewinne der FPÖ. In Kärnten signalisiert der farblose und unauffällige SPÖ-Chef Peter Kaiser nichts Vielversprechendes. Josef Martinz und seine ÖVP sind überhaupt Komplizen bei der Entwicklung der letzten Jahre. Von der Schwäche der beiden wird Dörfler profitieren.

3.Wenn Landeshauptmann Dörfler einen derart jämmerlichen TV-Auftritt hinlegt wie am Abend des Urteils in der ZiB2, dann ist klar: Er ist doch nicht so an seiner Aufgabe gewachsen, wie man es bei der Ortstafel-Lösung glauben wollte. Und er ist so provinziell geblieben, wie er sich im Nationalrat bei der Ortstafel-Abstimmung am 6.Juli gegeben hat, stehend und winkend in der Besucherloge vermeintliche Ovationen entgegennehmend.

4.Auf den plumpen Ablenkungsversuch, den zuerst Dörfler und dann Strache in einem „Presse“-Interview mit dem Thema Fusionierung ÖGB-AK unternommen haben, sollte man nicht hereinfallen. Das wäre eine Frage der Verfassungsmehrheit im Parlament, die nur eine SPÖ in Auflösung oder interner geistiger Umnachtung mit Ja beantworten würde.

5.Die Medien wenigstens sollten nicht die gleichen Fehler wiederholen wie in den letzten 20 Jahren. Sie sind allerdings seit der Tragödie in Norwegen schon zu Wiederholungstätern geworden. Statt die FPÖ mit irgendwelchen weit hergeholten Mitschuld-Thesen zu dämonisieren, sollten sie unnachgiebig auf Antworten für aktuelle und lösbare Probleme sowie auf personalpolitische Vorstellungen drängen. Da würde sich bald zeigen, dass die Partei in diesen Bereichen so blank ist wie vor 20 Jahren. Und es kann doch nicht sein, dass alle anderen auch in der Entwicklung seit 1991 stecken geblieben sind.


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("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.08.2011)

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