Syriza regiert nicht nur in Athen, sondern auch in Österreich

Greek Prime Minister Alexis Tsipras and Austrian Chancellor Werner Faymann attend a European Union leaders summit in Brussels
Greek Prime Minister Alexis Tsipras and Austrian Chancellor Werner Faymann attend a European Union leaders summit in BrusselsREUTERS
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Die Syrizisierung ist umfassend und unabänderlich. Schade, dass keine Troika bei uns Privatisierungen erzwingt. Aber das kommt schon noch.

Wer, allen kostspieligen Erfahrungen der Vergangenheit zum Trotz, noch immer die Meinung vertritt, der Staat habe Eigentümer oder zumindest Miteigentümer von Unternehmen zu sein, dem sei eine kleine Exkursion nach Traiskirchen in Niederösterreich empfohlen. Dort kann man nämlich gerade live beobachten, wie die Republik Österreich es nicht und nicht schafft, innerhalb von ein paar Wochen die vergleichsweise triviale Managementaufgabe zu lösen, für zweitausend Menschen ein halbwegs vernünftiges Dach über dem Kopf zu organisieren. Widerstrebende Partikularinteressen, parteipolitische Überlegungen und zum Teil auch schlichte Unprofessionalität sorgen dafür, dass der Staat sogar an dieser wenig anspruchsvollen Herausforderung scheitert.

Dass ein Staat, der nicht einmal imstande ist, ein paar tausend Menschen angemessen unterzubringen, befähigt sein soll, hochkomplexe Unternehmen im globalen Wettbewerb als Eigentümer zu steuern, kann heute nur noch glauben, wer auch sonst im Leben auf Wunder vertraut. So wie der Staat heute Traiskirchen managt, hat er in der Vergangenheit Banken und Stahlwerke, die Hypo Alpe Adria und die AUA gemanagt – gesteuert von allen möglichen Interessen, nur nicht jenen des Unternehmens. Und so ist es ja auch stets ausgegangen.

Es wäre daher Zeit, dass die Republik sich selbst zumuten würde, was sie derzeit als Teil der Gruppe der griechischen Geldgeber mithilfe der Troika der griechischen Regierung völlig zu Recht abverlangt: einen konkreten Plan zu erstellen, welche Unternehmungen im Staatsbesitz bis wann privatisiert werden. Um damit nicht nur die Staatsschulden reduzieren zu können, sondern auch die Effizienz und Profitabilität der Unternehmen zu steigern.

Die Gelegenheit wäre insofern günstig, als ja zum Beispiel die Telekom Austria, nicht zuletzt dank des segensreichen Agierens des ehemaligen Haupteigentümers Republik Österreich, gerade endgültig in den globalen Telekomkonzern des mexikanischen Milliardärs Carlos Slim eingemeindet wird. Dass der Staat trotzdem dort weiter noch Miteigentümer bleibt, hat nicht zuletzt angesichts der vielen auf diesem Gebiet miteinander konkurrierenden Wettbewerber genau null Berechtigung. Mit gutem Grund betreibt die Republik keine Supermarktketten und keine Textildiskonter, einen Grund dafür, dass sie eine Telefonfirma betreibt, gibt es nicht (außer, dass das ein paar politikverflochtenen Betriebsräten fette Privilegien sichert).

Das Gleiche gilt für fast alle anderen Unternehmensbeteiligungen von Bund, Ländern und Gemeinden. Den Betrieb von Spielcasinos und Automatenhallen als Staatsaufgabe zu betrachten und damit Miteigentum an einem Glücksspielkonzern zu begründen, wird selbst hartgesottenen Etatisten nicht ganz leichtfallen; und warum die Republik Miteigentümer an einer Tankstellenkette sein soll, erschließt sich auch nicht eben leicht. Genau deshalb wird ja zum Nutzen der Griechen nun vieles von dem in Griechenland privatisiert werden, jedenfalls dann, wenn sich die Syriza-Leute an das halten, was sie unterschrieben haben.

Pech der Österreicher und Österreicherinnen ist, dass in Wien – noch – keine Troika erzwingen kann, was höchst vernünftig und wünschenswert wäre (das gilt auch für die von Griechenlands Gläubigern durchgesetzte Abschaffung des sonntäglichen Ladenschlusszwanges).

Das liegt natürlich vor allem daran, dass hierzulande jene Abneigung gegen Privatisierungen, die in Athen von den regierenden Kaviar-Kommunisten vorgezeigt wird, hierzulande von fast allen Parlamentsparteien ( nur bei den Neos kennt man sich da nicht so recht aus) aus tiefster Überzeugung geteilt wird. Selbst die Volkspartei hat jene kurze Zeit rund um das Jahr 2000, als sie tatsächlich Privatisierungen durchführte, mittlerweile aus ihrem Parteigedächtnis getilgt, wie seinerzeit Stalin in Ungnade gefallene Genossen aus dem Gruppenfoto entfernen ließ. Die Syrizisierung Österreichs ist umfassend und unabänderlich. Daran wird sich, mangels Troika, auch so schnell nichts ändern.

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2015)

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