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Im Dunstkreis der Politik und der Parteien gedeihen Traumgagen wie eh und je. Manche lernen es eben nie – wie ein Blick in das ach so heilige Tirol zeigt.

Dem FPÖ-Chef konnte bei den Wahlen in Wien eigentlich nichts Besseres passieren als das: nämlich klar zu gewinnen, aber zu wenig zu gewinnen, um den Anspruch auf das Bürgermeisteramt erheben zu können. Nur so ist sicher, dass die beiden ehemaligen Großparteien SPÖ und ÖVP im Großen und Ganzen weiterwursteln werden wie bisher. Ein allerletztes Mal halt, bis Strache dann bei den nächsten Nationalratswahlen klar Numero uno wird.

Wobei unter „weiterwursteln“ nicht nur die medial hinreichend beschriebenen bescheidenen Leistungen der Regierung zu subsumieren sind. Wenig lernfähig zeigen sich die beiden Regierungsparteien auch beim Beseitigen eines anderen chronischen öffentlichen Ärgernisses, für das sie Verantwortung tragen: den parteipolitischen Postenfilz, der die Parteien auf ihre Funktion als AMS der Luxusklasse und Verschubbahnhof der Pfründe für die jeweiligen Günstlinge reduziert.

Daran, dass Funktionen im Einflussbereich der Parteien nicht ausschließlich nach Qualifikation, sondern nach Nähe zum Analbereich der jeweiligen Machthaber vergeben werden, ändert sich genau null. Dass dabei geradezu unanständig hohe Bezüge aus Steuergeld generiert werden können, ist nach wie vor Usus. Ärgerlich war das schon immer. In Zeiten langfristig tendenziell sinkender Realeinkommen, steigender Arbeitsplatzunsicherheit und insgesamt düsterer Zukunftsaussichten stechen solche Ärgernisse freilich besonders grell hervor.

Wie zum Beispiel der Fall von Bruno Wallnöfer, dem Chef des landeseigenen Tiroler Stromerzeugers Tiwag. Laut nicht dementierten Medienberichten verdient der Mann nicht nur 23.000 Euro (brutto) im Monat als Vorstand, sondern lukriert dazu, wie der investigative Tiroler Blog dietiwag.org jüngst aufgedeckt hat, eine Pension der Stadt Innsbruck in Höhe von mehr als 4000 Euro netto pro Monat.

Gegenüber der „Tiroler Tageszeitung“ verteidigte sich Wallnöfer, diese Zahlungen seien „völlig vertrags- und rechtskonform“. Der Politmanager, dessen außergewöhnlicher finanzieller Erfolg inniglich mit seinem Aufstieg in der Tiroler Volkspartei verwoben war und ist, hat mit dieser Einlassung vermutlich sogar recht: Rein rechtlich ist sein Regionaloligarchenbezug wasserdicht unangreifbar, da fließt kein Euro ohne gesetzliche Deckung.

Was nichts daran ändert, dass eine Gesetzeslage, die dem Geschäftsführer eines Landesbetriebs ein Gesamteinkommen weit jenseits von dem des Bundeskanzlers ermöglicht, nicht nur hochgradigen Änderungsbedarf birgt, sondern auch jedem durchschnittlichen Wähler, der sich auf dem freien Markt 2000 oder gar 3000 Euro brutto im Monat erschuftet, den Blutdruck in behandlungsbedürftige Höhen treiben wird.

Diesen durch und durch berechtigten Zorn kühlt auch nicht ab, dass die jeweils von solchen sumpfigen Anblicken betroffenen Parteien regelmäßig mit Schweigen, Trotz und Wegschauen reagieren, anstatt dem Wähler glaubhaft zu beschreiben, wie derartiger Unfug wenigstens in Zukunft abgestellt werden soll.

Weder der Tiroler Landeshauptmann, Günther Platter, noch gar einer der leitenden Herren in der Wiener Parteizentrale kam auf die Idee, die Sauerei als Sauerei zu benennen und Abhilfe zu schaffen. Das sind übrigens die gleichen Leute, die nach den nächsten verlorenen Wahlen wieder ratlos darüber räsonieren werden, dass wohl „die Kommunikation mit dem Wähler“ verbessert werden müsse.

Dass die Parteien so handeln, wie sie handeln, folgt freilich einer düsteren Logik. Denn ihre Fähigkeit, Leuten in ihrem Dunstkreis zu Einkommen zu verhelfen, die sie auf dem Markt meist nicht einmal annähernd lukrieren könnten, ist zu einer der wenigen verbliebenen Attraktionen der Regierungsparteien geworden. Einen anderen Grund, sich dort zu engagieren, kann es heute für leidlich rational agierende Menschen mit durchschnittlicher Intelligenz ja kaum noch geben. Was sie verärgerte Wähler kostet, ist gleichzeitig ihre einzige verbliebene Raison d'Être.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

Zum Autor:

Christian Ortner ist Kolumnist und Autor in Wien. Er leitet „ortneronline. Das Zentralorgan des
Neoliberalismus“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.10.2015)

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