Halbe-halbe? Aber gern!

Eine Männerpartei fordert Gleichberechtigung. Die können sie haben.

Übermorgen gibt es in Wien eine Männerdemo. Das Wort „Männerbewegung“ kannte man bisher nur aus der katholischen Ecke. „Männerparteien“ waren eh alle. Dass Männer jedoch „halbe-halbe“ fordern wie einst die Frauenministerin – das ist neu.

Natürlich ist es super. Am besten fangen wir sofort damit an. Halbe-halbe bei den Einkommen, den Aufstiegschancen und den Führungspositionen in Österreich – jede Hilfe der Männerpartei ist hier willkommen! Halbe-halbe in der Arbeitswelt macht nämlich halbe-halbe im Famlienleben erst möglich. Wenn Mann und Frau gleich viel verdienen, können sie gleich gut in Karenz oder in Teilzeit gehen. Und wenn sie gleich häufig in Karenz oder Teilzeit gehen, können sie gleich gut befördert werden.

Womit wir bei den „Väterrechten“ wären. Dass Scheidungskinder derzeit meist bei der Mutter bleiben, liegt nicht am Männerhass der Gerichte, sondern simpel daran, dass sich Mütter meistens mehr um die Kinder kümmern. Die fünf Prozent männliche Alleinerzieher halten sich mit den fünf Prozent Karenzväter bisher ziemlich genau die Waage. Doch hier, liebe Männerpartei, gibt es für Sie jede Menge zu ändern: Kämpfen Sie in den Betrieben für Papamonate, für Teilzeitarbeitsplätze, für familienfreundliche Arbeitszeiten! Die Energie, die manche Väter nach der Trennung in einen Obsorgestreit investieren, könnten sie vor der Trennung ihren Kindern und dem Haushalt widmen – wer weiß, wie viele Trennungen sich dann erübrigen.

Weiter in der Forderungsliste. In der professionellen Kinderbetreuung fehlen männliche Bezugspersonen? Absolut richtig! Also melden Sie sich gleich morgen an den Pädaks an, werden Sie Kindergartenpädagogen, Volksschullehrer und Hortbetreuer.

Bleiben die einzigen gesetzlichen „Priviegien“ von Frauen, das frühere Pensionsalter und die Wehrpflicht. Auch hier kein Widerspruch: Die gehören in einer geschlechtergerechten Welt selbstverständlich weg. Qualifizierte Frauen, die zwangspensioniert werden, empfinden das ohnehin nicht als Privileg, sondern als Diskriminierung. Und ein Gesellschaftsbild, in dem die Frauen daheim das Feuer hüten, während die Männer draußen mit der Waffe das Land verteidigen, ist von vorgestern. Es gibt verschiedene Arten, eine Armee zu organisieren, und es wird immer Menschen geben, die als Soldaten nichts taugen. Von vornherein zwischen Männern und Frauen einen Unterschied zu machen, ist jedoch ein Anachronismus.

Womit eigentlich nur noch das Seniorenticket der ÖBB übrig bleibt. Das bekommen Frauen fünf Jahre früher als Männer, was tatsächlich unfair ist.

Ich würde vorschlagen: Seniorenticket für alle, Alt oder Jung, männlich oder weiblich! Gegen halbe-halbe in allen Gesellschaftsbereichen tauschen wir dieses Privileg gern. Ist das ein Deal?

Sibylle Hamann ist Journalistin in Wien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.10.2009)

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