Ein "Antifa-Museum" im Kuhhandel für Werner Faymanns Wiederwahl

Der Plan, das Haus der Geschichte in der Hofburg anzusiedeln, war ein Zugeständnis an die sozialistische Jugend für Faymanns Wiederwahl zum SP-Chef.

Was hatte Kulturminister Josef Ostermayer plötzlich dazu bewogen, ausgerechnet die Hofburg als Heimstatt des Hauses der Geschichte zu bestimmen, fragte man sich als Beobachter? Viele Jahre lang war gestritten worden, schließlich galt ein Neubau als das Ideal. Ein finales Konzept der Museumsexperten Lord/Haas, fußend auf einer Roadmap einer Historikerkommission, war von SPÖ und ÖVP akzeptiert worden. Doch das war in der Ära Gusenbauer, dann kam Faymann, und das Konzept verschwand in einer Schublade.

Nun gibt es plötzlich einen Ort, und jetzt wird ein neues Konzept erarbeitet. Warum diese ungewöhnliche Vorgangsweise? Des Rätsels Lösung ist simpel und folgt ausschließlich einer parteipolitischen Logik: Es geht um einen Kuhhandel innerhalb der SPÖ, der von Ostermayer geschickt genutzt wurde.

Am 28. November 2014 startete der Parteitag der SPÖ, der ganz im Zeichen der Wiederwahl Werner Faymanns als Vorsitzender stand. Seine Vertrauten hatten im Vorfeld alle Hände voll zu tun, ihre Funktionäre zur Zustimmung zu ermuntern und um dem Chef ein blamables Ergebnis zu ersparen. Also machte man eine Reihe von Zugeständnissen und Versprechungen.

So mancher altgediente Funktionär rieb sich die Augen, was da plötzlich alles Parteilinie wurde, wie etwa die Legalisierung von Cannabis. Weiters forderte die Parteijugend das Eintreten für eine „gelebte antifaschistische Gedächtnispolitik“. Der Weiheraum im Burgtor soll als „Erinnerungsort für die Opfer des österreichischen Freiheitskampfes“ ein öffentlicher Ort werden und künftig der Akademikerball in der Hofburg unmöglich gemacht werden – ein rotes Tuch für die Parteijugend, die alljährlich die Gegendemo mitorganisiert.

Prompt kündigte Minister Ostermayer an, dass die Hofburg der Standort für das Haus der Geschichte sein werde. (Zeitgleich stoppte er überraschend den geplanten Umbau des dort angesiedelten Völkerkundemuseums wegen zu hoher Kosten.) Ein aus seiner Sicht genialer Plan, der gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen soll: Als Standort des Hauses der Geschichte, das den sogenannten Hitler-Balkon mit einbezieht, wird die Neue Burg quasi in ein „Antifa-Museum“ umgewandelt. Gemeinsam mit dem ebenfalls in dieser Hinsicht vorbelasteten Heldenplatz und dem derzeit umgestalteten Heldendenkmal im Burgtor wird eine Tabuzone geschaffen.

Somit stärkt man das Argument der Jungsozialisten, dass an diesem Ort unmöglich „rechtsextreme“ Veranstaltungen stattfinden können. Indem Ostermayer den als „Parteihistoriker“ eingestuften Oliver Rathkolb beauftragte, wird weiters garantiert, dass die Darstellung der Zeitgeschichte in einer der SPÖ gefälligen Form stattfinden wird.

Sachliche Gegenargumente zählen offenbar nicht: Die Hofburg sei ungeeignet, weil historisch vorbelastet. Weder die Habsburger-Monarchie noch die NS-Zeit würden sich als Fokus für ein Museum der Republik eignen. Die Ausstellungsfläche sei zu klein für eine inhaltlich und methodisch differenzierte Darstellung. In einem Altbau ließen sich moderne Museumskonzepte kaum umsetzen.

Gegenargumente sind auch: Es sei sinnlos, zuerst die Örtlichkeit und dann erst das Konzept festzulegen. Es gebe kein Budget und keine eigene Sammlung. Bedeutende Sammlungen wie das Völkerkundemuseum und die Instrumentensammlung großteils wegzuräumen, sei das falsche Signal.

Das Vorhaben eines Hauses der Geschichte ist richtig und wichtig. Es ist auch legitim, das Treiben schlagender und rechts außen angesiedelter Burschenschaften kritisch zu sehen. Und die Neugestaltung des Burgtores als Ort der öffentlichen Erinnerung ist zu begrüßen. Mit einer parteipolitischen Motivation, dieser Projektleitung und an diesem Ort entsteht jedoch kein Haus der Geschichte Österreichs, sondern ein Haus der SPÖ-Geschichtsdeutung.

E-Mails an:debatte@diepresse.comZur Autorin:

Dr. Gudula
Walterskirchen ist Historikerin und
Publizistin. Sie war bis 2005 Redakteurin der „Presse“, ist seither freie Journalistin und Autorin zahlreicher Bücher mit historischem Schwerpunkt.

www.walterskirchen.cc

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.03.2015)

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