Terror, Entführungen, Kriege: Wo kann man noch Urlaub machen?

Unsere Welt ist wieder klein geworden. Bürgerkriege und IS-Terror minimieren die Zahl der Länder immer mehr, in die man als Europäer unbesorgt reisen kann.

Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein war in ferne Länder zu reisen eine Unternehmung für eine kleine Oberschicht, die mit großem zeitlichen, organisatorischen und finanziellen Aufwand verbunden war. In den 1960er-Jahren begann in Europa zaghaft die Zeit des Reisens für eine breitere Masse. In Österreich etwa wurde es schick, im Sommer mit Kind und Kegel nach Italien oder Jugoslawien zu reisen. Meer und Sonne waren die Sehnsucht der von kalten Sommern geplagten Mitteleuropäer.

Damals reiste man mit dem Auto oder mit der Eisenbahn. Fliegen war viel zu teuer, schon gar für eine Familie. Das änderte sich langsam in den 1980er-Jahren, als die Charterflüge zunahmen und Flugreisen auch für die Mittelschicht erschwinglich wurden. Damals setzte die Fernreisewelle ein. Einige Jahrzehnte lang war unsere Welt dann groß und voller Möglichkeiten. Es konnte gar nicht exotisch genug sein: Malediven, Bali, Thailand, Kenia und wo sonst noch schneeweißer Strand, türkisblaues Wasser und Palmen lockten.

Überall fühlte man sich als Europäer willkommen. Luxushotels schossen aus dem Boden, viele Länder der „Dritten Welt“ setzten auf Tourismus, der immer mehr zum Massenphänomen wurde. Die Eigenart des Landes und seine Probleme nahm man als Pauschaltourist eher nicht wahr, man wurde auch bewusst abgeschottet vom realen Leben des Gastlands. Kultur- und Individualtouristen, die an Land und Leuten Interesse zeigten, blieben eine kleine Minderheit. Die einzige Plage für Touristen waren Stechmücken, Viren und Bakterien.

Dieses touristische Idyll hat sich zuletzt radikal verändert. In muslimischen Ländern werden westliche Touristen zunehmend als Bedrohung für die eigene Kultur wahrgenommen – vor allem von jenen, die nicht unmittelbar vom Geld, das ins Land gebracht wird, profitieren. Jüngster Höhepunkt war der Anschlag in Tunesien, aber schon zuvor hatten sich derartige Attacken gehäuft. So hat es im tunesischen Sousse bereits 2013 vor einem Hotel ein Selbstmordattentat gegeben, was eine Reisewarnung zur Folge hatte, die sich inzwischen leider als nur zu berechtigt herausgestellt hat. Man denke auch an Ägypten, an Entführungen bzw. Entführungsgefahr in Libyen, Algerien, Mali und Mauretanien. Generell sind Afrika und der Orient für Touristen eher nicht zu empfehlen – ebenso wenig wie Teile Südamerikas und Asiens. Nach China als Tourist zu reisen ist wiederum so kompliziert und bürokratisch, dass es vielen zu mühsam ist.

Das Außenministerium hat aktuell 34 Länder gelistet, bei denen von einer Reise überhaupt oder bedingt abgeraten wird. Derzeit herrschen auf der Welt so viele Kriege wie schon lang nicht mehr, die Flüchtlingswellen spüren wir derzeit in Europa. Auch in vielen scheinbar friedlichen Regionen lässt man sich als Europäer tunlichst nicht blicken. Angesichts der permanenten Aufrufe radikaler muslimischer Gruppen, möglichst viele Europäer zu töten, reist man in viele muslimische Länder mit einem flauen Gefühl. Leider aber sind wir auch in Europa nicht mehr sicher. Angesichts der Anschläge von Islamisten warnen Experten, dass die Gefahren inzwischen überall lauern.

Doch wir sollten uns nicht in Panik versetzen lassen. Der schöne Traum, dass uns allen die Welt zu günstigen Preisen offensteht und sie nur darauf wartet, dass wir uns in ein ungefährliches und bequemes Abenteuer stürzen, ist allerdings vorerst ausgeträumt.

Also kehren wir zurück zum Urlaub an der Adria oder in den heimischen Bergen, so wie wir auch schon als Kinder unterwegs gewesen sind. Das hat auch Vorteile, etwa die Sicherheit und die kurze Reisezeit. Spezielle Impfungen sind auch nicht vonnöten, und die Umwelt wird geschont. Hoffentlich ist das Wetter bei einem Österreich-Urlaub besser als in den regenreichen und kalten 1960er- und 1970er-Jahren, derzeit sieht es jedenfalls danach aus. Nicht von ungefähr sprach man damals von der „Sommerfrische“.

E-Mails an: debatte@diepresse.com

Zur Autorin

Dr. Gudula Walterskirchen ist Historikerin und
Publizistin. Sie war bis 2005 Redakteurin der „Presse“, ist seither freie Journalistin und Autorin zahlreicher Bücher mit historischem Schwerpunkt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2015)

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