Am Herd

Wenn die Katze aus dem Haus ist, dann tanzen die Mäuse, wenn die Kinder mit dem Vater Skifahren sind, geht die Mutter abends aus und ernährt sich von Tiefkühl-Pommes-frites.

brandheiss und
höchst persönlich

Das Erste, was ich letzte Woche gemacht habe, als mein Mann und die Kinder mit dem Auto um die Ecke gebogen sind, weg von mir, dem Schnee entgegen, war: Schokolade kaufen. Das stimmt natürlich nicht ganz. Davor habe ich noch gekeppelt, weil meine Füße steif gefroren waren, weil ich eine Viertelstunde in der Kälte vor dem abgeschlossenen Auto gestanden bin, weil mein liiiieber Mann gesagt hatte, ich soll mit den Kindern die Koffer hinuntertragen, er komme gleich nach. Was er nicht getan hat. Was er ganz und gar nicht getan hat. Er musste nämlich erst packen! Als ich ihn dann fragte, warum er mich denn, bitte, so gehetzt habe, meinte er: „Ich wollte mich selbst unter Druck setzen.“

Also kaufte ich Schokolade. Um mich zu belohnen (Eltern dürfen das). Und weil ich endlich nicht Rücksicht nehmen musste auf meinen Mann, der so eine Pralinenschachtel binnen 24 Stunden mir nichts, dir nichts wegputzt, was ihm schadet (Cholesterin! Blutdruck!) und mich erbost, weil ich nichts abkriege.


Vier Gespritzte. Das ist also das Glück, wenn die Familie aus dem Haus ist: Dass mir niemand was wegfuttert. Es gibt noch andere Vorteile. Ich muss nicht kochen. (Mir reichen Nudeln mit Butter). Ich muss nicht einkaufen (Mir reichen sogar Nudeln ohne Butter). Ich kann mit meiner Freundin eins, zwei, drei, vier Gespritzte trinken – und wenn ich dann aufs Handy schaue, blinken mich keine eins, zwei, drei, vier Nachrichten böse an: „Mama, wann kommst du?!!“ Und dann schläft auch noch – oh Glück – die Katze bei mir. Die liegt sonst immer bei einem der Kinder im Bett, obwohl ich ihr das Essen kaufe und mein Mann sie füttert. Undankbares Tier.

Nachteile gibt es natürlich auch. Drei sogar. Nachteil Nummer eins (Reihenfolge rein zufällig): Hannah ist nicht da. Nachteil Nummer zwei: Marlene ist nicht da. Nachteil Nummer drei: Stephan ist nicht da. Außerdem fliegt, wenn die Familie auf Semesterferien ist, in der Küche das Essen in die Luft, das geht so: Ich setze das Wasser auf, lege Eier hinein, schalte den Herd an, setze mich vor den Fernseher, wundere mich erst über den Krach (Ach, das werden die Katzen sein!), dann über den Geruch und stürme schließlich in die Küche, wo grün verfärbte Dotterstücke auf dem Boden liegen. Weil Eier, wie ich feststellen durfte, explodieren können.

Esse ich halt Backrohr-Pommes-frites. Die können wenigstens nicht aus dem Ofen hupfen.

Wie auch immer, ich muss mir eingestehen, dass ich ungeküsst und unbekuschelt schnell verwahrlose. Ich schaue zu viel fern, ich bleibe zu lange aus, ich esse aus dem Kühlschrank und spiele dauernd „Candy Crush“. Zeit, liebe Kinder, lieber Mann, dass ihr heute nach Hause kommt.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.02.2014)

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