Mariahilfer Straße

Ich habe die Mariahilfer Straße immer nur mit gesenktem Kopf betreten. Jetzt wurde der erste neu gestalte Abschnitt fertig – und ich stelle fest: So übel ist diese Straße gar nicht!

Auf der Mariahilfer Straße stehen Bäume. Das ist freilich nicht neu, die stehen dort schon seit 1993, damals wurden – habe ich extra für diese Kolumne nachgelesen– 125 Lederhülsenbäume gepflanzt. Die Tatsache, dass sie mir bisher nicht aufgefallen sind, obwohl vor meinem inneren Auge, wenn ich mein Gedächtnis sehr anstrenge, irgendwelche Stämme auftauchen, sagt schon einiges.

Die Mariahilfer Straße habe ich immer nur mit gesenktem Kopf betreten. Die Augen starr auf die zwei Quadratmeter Bürgersteig vor mir gerichtet, die Arme an den Körper gepresst, damit ich nicht irgendwelche Passanten, Hunde oder Kinderwagen remple, bin ich kurz vor Ladenschluss von Geschäft zu Geschäft gerast, das heißt, sofern man in diesem Gedränge rasen konnte.

Ich kann mich nicht erinnern, jemals in der Mariahilfer Straße ein Eis gegessen zu haben. In die Mariahilfer Straße ging man nicht zum Vergnügen! Sie war ein notwendiges Übel. Ein öder Ort, um T-Shirts für Marlene oder Flipflops für Hannah oder einen Mixer zu erwerben, was häufiger der Fall ist, als mir lieb ist, weil erstens Kinder schnell wachsen und zweitens Mixer schnell kaputtgehen. Also fuhr ich mit der U-Bahn hin, raffte Schuhe, Shirt, Mixer und ließ mich wieder von der U3 verschlucken.

Uff! Geschafft!

Ich hasse Einkaufen.


Auftrag: Brille, Batterien. Am Freitag war ich wieder dort, wieder einmal kurz vor Ladenschluss, wieder mit einer Einkaufsliste: Brille, Abschminktücher, Batterien, Salzstreuer. Als Erstes habe ich die Bäume gesehen, dieses grüne Dach über der Straße, wie wunderhübsch! Dann ist mir der neue Belag aufgefallen: Als meist gut gelaunter Mensch mag ich ihn, weil manche Steine ins Gelbliche spielen und das fröhlich aussieht. Als vorausschauende Hausfrau mag ich ihn, weil er robust zu sein scheint– nicht wie in der Kärntner Straße, wo der Boden schon seit dem ersten Kaugummipatzer und dem zweiten Ölfleck schäbig wirkt.

Ich sah Leute, die über die Straße schlenderten und Pizza aßen. Eine Gruppe Punks, die zwischen zwei Bäumen auf dem Boden saß und ihre Hunde kraulte. Junge Leute fuhren mit dem Skateboard und machten einen Heidenkrach, wenn auch nicht so einen Krach wie die Autos früher. Straßenmusikanten klampften irgendetwas, was ich aus meiner Jugend kannte. Und die meisten Leute waren gut gelaunt – jedenfalls besser, als Ort (Ecke Neubaugasse) und Zeit (nach 17 Uhr!) hätten annehmen lassen.

Ich hätte mich gern auf eine der Bänke gesetzt, aber sie waren alle schon besetzt.

Bitte, mehr Bänke!

Dann nehme ich das nächste Mal meine Schätzchen mit auf ein Eis.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

diepresse.com/amherd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2014)

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