Am Herd

Passables Arrangement

Symbolbild Schinkenfleckerl.
Symbolbild Schinkenfleckerl. (c) imago stock&people (imago stock&people)
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Bei mir zuhause wohnt jetzt seit neuestem eine Studentin. Sie ist 18 Jahre alt, kocht ganz passable Schinkenfleckerln und ist meine Tochter.

Seit zwei Wochen lebe ich in einer Wohngemeinschaft. Ich war ja skeptisch, aber es macht wirklich Spaß. So eine WG ist, habe ich entdeckt, etwas ganz anderes als eine Familie. Es gibt zum Beispiel viel weniger Regeln. Ich muss niemanden erziehen. Und umgekehrt fragt mich keiner, was es zum Abendessen gibt. Überhaupt ist nicht von vornherein ausgemacht, wer kocht (also ich). Oder wer einkauft (also mein Mann). Oder wer die Wäsche aufhängt (wieder ich). Und es ist auch nicht klar, wer das Frühstücksgeschirr stehen lässt (die Kinder) und die Handtücher auf den Boden wirft (eh klar: die Kinder). Jeder räumt sein Zeug weg, die Arbeiten werden aufgeteilt. Also ziemlich angenehm.

Meine Mitbewohnerin ist 18 Jahre alt, kocht dafür ganz passable Schinkenfleckerln, sie heißt Hannah und ist meine Tochter. Eigentlich gäbe es in diesem Haushalt auch noch einen Mann, also meinen. Und eine Marlene, unsere jüngere Tochter. Aber mein Mann weilt seit zwei Wochen in der Steiermark und Marlene ist in Simmering verschollen, dort gibt es liebe Leute, vegetarische Grillabende, Longboard-Touren und einen Pool. Bleiben also Hannah, zwei Katzen, ein Basilikum und ich.

WG mit Gästen

Hannah ist zwar Studentin, aber bis die Uni ihre Pforten öffnet, arbeitet sie. Genau wie ich. Deshalb stehen wir beide früh auf. Am Morgen essen wir schweigend Marmeladetoast, sie wischt schweigend den Küchentisch ab, ich räume schweigend die Geschirrspülmaschine ein, dann verlassen wir das Haus. Auf der Treppe machen wir uns schnell aus, ob es Abendessen gibt, und wenn ja: was, und wer dran ist mit Einkaufen. Dann geht sie nach rechts ab und ich nach links. Am Abend sehen wir uns wieder. Dann sind, wie das in einer WG so ist, oft Gäste da. Die meisten haben lila oder grüne Haare und sind recht unterhaltsam. Vor allem sind sie nicht sehr anspruchsvoll. Sie erwarten nicht, dass ich Smalltalk betreibe oder mich verabschiede, wenn ich mich nach dem Essen in mein Zimmer verziehe. Und manchmal machen sie mir Sonntagfrüh sogar Palatschinken.

Natürlich kommt es in unserer WG auch zu Unstimmigkeiten. Neulich war Hannah sauer, weil ich keinen richtigen Hunger hatte: „Ich habe extra für dich gekocht!“ Mich dagegen macht es wahnsinnig, dass sie andauernd nachfragt: Ob ich eh den Schlüssel mitgenommen habe. „Und die Katzen, hast du die gefüttert?“ Da muss ich doch kurz zur Mama werden. Liebes Kind: Keine Katze ist je bei mir verhungert und ich habe auch noch nie den Schlüssel zuhause liegen lassen. Im Gegensatz zu dir übrigens. Und nein, ich weiß nicht, wo deine Bürste ist.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

diepresse.com/amherd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.08.2017)

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