Am Herd

Widerspenstige Express-Kassa

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Auch Geräte haben ihre Eigenarten. Die neue Express-Kassa im Supermarkt mag etwa keine Söckchen. Söckchen sind ihr einfach zu leicht, sagt sie. Oder so ähnlich.

In Wirklichkeit finde ich Selbstbedienung ja klasse. Ich weiß, diese Meinung ist nicht sehr populär, damit oute ich mich als Misanthropin, die lieber mit Maschinen verkehrt als mit Personen und die außerdem noch die Frau an der Tankstelle und den Mann hinter dem Bankschalter ihrer Jobs beraubt, aber ein bisschen ist es wie mit dem Klimawandel: Finde ich ganz, ganz schlimm und echt bedrohlich, aber ganz im Geheimen genieße ich die vielen Sommertage über 35 Grad.

Also habe ich mich über die neuen Express-Kassen gefreut, die seit ein paar Monaten die Supermärkte erobern. Erstens habe ich gehofft, hört sich damit das „Kassa-bitte“-Geschrei auf, zweitens muss ich kein schlechtes Gewissen mehr haben, wenn ich beim Einpacken trödle. Drittens ist die Freundlichkeit der Kassiererinnen zum Beispiel gegenüber trödelnden Kundinnen ohnehin enden wollend. Und viertens stille ich mein Kommunikationsbedürfnis gern am Küchentisch oder in einem netten Café, aber nicht zwischen Putzmitteln und Katzenfutter, begleitet von Supermarkt-Gedudel und dem Gepiepse eines Scanners.


Gemeine Drucker. Jetzt ist es mit Automaten ja so: Es gibt solche und solche. Solche sind Bankomaten, Ticketautomaten und Kontoauszugsdrucker mit Überweisungsfunktion. Geräte, die einfach zu bedienen sind und nicht zurückmaulen.

Solche, das sind Drucker, und vor allem jene Drucker, die sowohl über eine Tastatur als auch über einen Touchscreen verfügen – und, wie sich herausgestellt hat, die neuen Express-Kassen: Sie sind gern defekt, wissen selbst nicht genau, was sie wollen und es reicht nicht, ihre Logik zu verstehen. Man muss außerdem akzeptieren, dass sie ihre Eigenarten haben.

Die Express-Kassa etwa mag keine Söckchen. Söckchen sind ihr einfach zu leicht. Was soll da sein, da ist doch nix, sagt sie, also nicht in diesen Worten, aber so ähnlich, und verweigert die Weiterarbeit. Was die Kassa auch nicht mag: Einkaufssackerln, in denen sich Geldtaschen befinden. Wenn man nämlich am Ende des ganzen Prozesses zahlen will, fehlt plötzlich das Gewicht der Geldtasche auf der Waage und das Gerät schlägt Alarm.

Zum Glück hat der Supermarkt für solche Fälle eine freundliche Mitarbeiterin abgestellt, die allerdings nicht ganz so liebenswürdig war wie vorgesehen: Nach dem dritten Paar Söckchen war sie ungeduldig, nach dem vierten genervt und nach dem Geldtaschen-Debakel kurz davor, mich mit einem Fluch zu belegen, weshalb ich einen Scherz machte, über den sie nicht lachen konnte, weshalb ich schief grinste, weshalb sie noch schiefer grinste und ich ihr einen schönen Abend wünschte.

So viel menschlichen Kontakt hatte ich beim Einkaufen schon lang nicht mehr.

bettina.eibel-steiner@diepresse.com

diepresse.com/amherd

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2017)

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