Japan: Etwas Monozukuri täte uns allen gut

(c) EPA (KIMIMASA MAYAMA)
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Die Dinge entschlossen angehen: Die Autonation Japan glänzt nach harten Jahren auf ihrer Hausmesse mit ambitionierter Technik, optimistischen Zahlen und besonders kleinen Autos, für die wir (noch) nicht reif sind.

Einmal noch wollen wir uns den beklagenswerten Jahrgang 2009 der Tokioter Autoshow vor Augen führen, als die sogenannte Autokrise im Land noch härter zugeschlagen hatte als anderswo, als die ausländischen Hersteller die japanische Messe im Stich ließen und es aussah, als stünde ihr Abstieg in die Regionalliga bevor.

Der Weg aus dem Jammertal sollte keineswegs ein Spaziergang werden, es folgten in loser Abfolge die Flutkatastrophe in Thailand (wo wichtige Werke stehen), ein phasenweise scheintoter US-Markt, der Tsunami samt Reaktorkatastrophe und eine veritable, alles andere als ausgestandene China-Krise um verletzte nationale Befindlichkeiten, von der Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn sagt, dass sie jetzt schon zwei verlorene Jahre für Nissan bedeutet. „Monozukuri“ lautet also das inoffizielle Motto, was so viel heißt wie: die Dinge angehen. Nicht reden, einfach angehen.

Glanz der Absatzzahlen

Und davon kann die Rede sein. Nicht nur, dass der Ausstellungsreigen in Tokio nachgerade zum Fest geriet, zur Liebeserklärung an das Auto (und diesmal auch an das Motorrad), es sonnen sich die Hersteller auch durchwegs wieder im Glanz imposanter Absatzzahlen auf dem Heimmarkt und vor allem in den USA, dem für Japan wichtigsten Auslandsmarkt. Mit Ausnahme von Mitsubishi fahren die Hersteller in Amerika Rekordmarken ein, oder sie stehen absehbar bevor. Honda zum Beispiel werden heuer die besten US-Verkäufe der Firmengeschichte gelingen, übertroffen wäre damit das bisherige Rekordjahr 2007. Insgesamt haben japanische Marken in den USA bis Oktober um neun Prozent zum Vorjahr zugelegt und halten 37,1 Prozent vom Markt. Weil der noch vor einem Jahr ruinös hohe Yen-Kurs nachgegeben hat, sind auch die Margen wieder in Ordnung.

Japan in Österreich

Wenn wir kurz über den Atlantik schwenken: Diesen Status, namentlich jenen der zweitstärksten Autonation, haben die Japaner auch in Österreich wieder inne. Von Jänner bis September 2013 kommen japanische Marken bei uns mit 12,44Prozent auf den zweiten Platz, nach den Deutschen, die mit über 45Prozent Marktanteil freilich wie Godzilla dastehen.

Unter tatkräftiger eigener Mithilfe wären die etwas gebeutelten Franzosen damit vorerst abgelöst, die haben nun die knapp viertplatzierten Koreaner zu fürchten, deren sagenhafte Zugewinne wiederum – fürs Erste – Geschichte sind. Innerhalb der japanischen Gemeinde im Land streiten Mazda, Nissan und Toyota recht knapp um die Führerschaft, alle drei legen kräftig zu, derzeit hat Mazda die Nase vorn.

Stehen, ein Messeschicksal

Damit zurück in den Tokioter Neo-Stadtteil Daiba, in dem das Messegebäude innerhalb einer gewiss hochkarätigen Nachbarschaft den architektonischen Höhepunkt setzt. So überraschend, verspielt und kurios wie viele Landmark-Gebäude in der Achtmillionenstadt (Einzugsgebiet: 38 Millionen) gestalten sich auch die fahrbaren, wenn auch meist stehenden Exponate – Messeschicksal! – im Innern der Motorshow.

Einen recht furiosen Auftritt legt Nissan-Chef Carlos Ghosn hin. Er fährt mit dem Konzeptauto IDx auf die Bühne, das maßgeblich im Gedankenaustausch mit Youngsters gestaltet wurde (auch in Japan bereitet der Autoindustrie der liebe Nachwuchs Sorgen, weil der lieber in Smartphones versinkt statt Autoposter aufzuhängen). Eine Motorsport-affine Nismo-Variante des IDx zeigt die Bandbreite der leichtgewichtig bauenden Plattform, die in jedem Fall mit (aufgeladenen) Vierzylindern auskommen soll. Phänomenal die Studie BladeGlider, die den umjubelten Le-Mans-Auftritt des Deltawing (ultraschmale Nase) in eine denkbare Straßenvariante übersetzt – elektrisch angetrieben.

Einen Schritt weiter geht der Welt größter Autohersteller, Toyota, mit dem FCV Concept, einem SUV mit Brennstoffzellentechnik, das schon 2015 auf den Markt kommen soll. Die Voraussetzung für das ambitionierte Ziel liefert der FCV mit einer bislang nicht beherrschten Kompaktheit von E-Antrieb, Brennstoffzellen-Stacks und Drucktanks zu ansatzweise vorstellbaren Kosten. Weitaus früher darf man mit dem Volkssportler GT86 ohne Dach rechnen, das heißt, beinahe: mit faltbarem Stoffdach.

Mitsubishi dekliniert mit durchwegs grimmigem Blick das SUV-Thema durch, von mini über kompakt (ASX-Nachfolger) bis riesig (nächste Generation Pajero), jeweils versehen mit neuen Antriebskomponenten von aufgeladenen Benzinern bis zu Plug-in-Hybriden.

Faszination K-Car

Suzuki gewährt ulkige bis faszinierende Einblicke in die Welt des Kei-Cars, eine japanische Autogattung, die freiwilliger Selbstkontrolle entspricht. K-Cars sind maximal 3,4 Meter lang mit Motoren bis 660 ccm. Das Land ist zu einem Drittel mit diesen besonders steuergünstigen, in der Raumausnützung oft genialen kleinen Kisten motorisiert, bei uns konnten sie bislang nicht reüssieren (auch wenn der Suzuki WagonR treue Fans hatte). Offenbar haben wir noch zu viel Platz. Suzukis Line-up an SUVs verschiedener Größen mit und ohne 4WD zeigt die globale Stoßrichtung der Marke. Honda zeigt auf der kleinen K-Car-Plattform gar einen hinreißenden Sportwagen, den S660, der wohl ebenfalls kein Auto für Europa wird. Diese Rolle übernimmt – erraten – ein neues SUV mit betont urbanem Charakter.

Mazda? Sieht einem Modell-Feuerwerk entgegen, aber erst 2015, wenn das Klein-bis-kompakt-SUV CX-3 und der neue MX-5 anstehen. In Japan lässt man einstweilen den neuen 3er in Hybridversion vom Stapel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.11.2013)

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