Audi: Der fünfte Zylinder am Wagen

An Details sollst du ihn erkennen: RS-Badge auf dem Kühlergrill, 20-Zöller, viel Frischluftbedarf. Und der Klang!
An Details sollst du ihn erkennen: RS-Badge auf dem Kühlergrill, 20-Zöller, viel Frischluftbedarf. Und der Klang! (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Das muss man Audi lassen: Die Marke pflegt in Zeiten der großen Gleichmacherei noch echte Motorenkultur. Das macht den RS Q3 zu einem besonderen Vehikel.

Audi musste in der jüngeren Vergangenheit so manche Schelte hinnehmen. Weniger von den Kunden, denn die Autos mit den vier Ringen auf dem Kühlergrill verkaufen sich blendend. Gemeckert wird vor allem intern: Das Elektroauto verschlafen, heißt es im Konzern, das Design stehe an, der Marken-Claim („Vorsprung durch Technik“) wäre nicht mehr plausibel belegbar. Prompt durften Entwicklungsvorstand und zuletzt der Designchef ihren Hut nehmen.

Tatsächlich ist es heute schwierig geworden, technische Meilensteine zu setzen, wie es der Allradantrieb quattro in den frühen 1980ern war. Die Maßgabe der Aerodynamik zusammen mit rigorosen gesetzlichen Vorschriften für fast alles haben den Entwicklern aller Hersteller ein enges Korsett geschnürt.

Zuweilen sind es die Käufer selbst, die größere Sprünge verhindern: Bravouröse Fortschritte der Ingenieure bei der Verbrauchssenkung werden spätestens auf der Autobahn durch die so beliebte SUV-Bauweise zunichtegemacht.

Fahrt in die Cloud

Die Aufmerksamkeit richtet sich folglich zunehmend auf den Innenraum und die Vernetzung von Fahrer, Cloud und Auto nach Muster des Smartphones. Im neuen TT zeigt Audi einige Möglichkeiten des TFT-Bildschirms, der analoge Instrumente in unseren Autos auf kurz oder lang ersetzen wird.

Bevor wir uns aber nur noch mit Betriebssystemen beschäftigen, seien sie von Apple oder Google, wollen wir die Motorenkultur würdigen, die Audi pflegt. Während BMW den famosen Reihensechszylinder-Benziner nahezu entsorgt hat – der neue X4 wird bei uns überhaupt nur noch mit Diesel angeboten –, behält sich Audi noch Preziosen im Sortiment, das heute von Dreizylinder bis W12 reicht.

Der Fünfzylinder gehört zu den aussterbenden Arten im Motorenbau. Ford hat ihn zuletzt aufgegeben, Mercedes nahm ihn schon vor ein paar Jahren aus dem Programm, und selbst bei Volvo hat sein letztes Stündlein geschlagen. Mit dem RS-Label hat auch Audi eine nicht ganz unbedeutende Hürde errichtet – dies sind die sportlichen Topmodelle der Marke. Der Zweisitzer TT RS, der kompakte RS3 und das SUV Q3 sind die letzten Zufluchtsstätten dieses wunderbaren Motors, der in verdoppelter Form sogar bei Lamborghini eingesetzt wird (siehe Randspalte).

Reiz des Ungeraden

Der Reiz der Maschine liegt im Ungeraden, dessen Klangbild das Lexikon als „kernig und sonor“ beschreibt. Mit Turbolader hat Audi freilich eine kleine Höllenmaschine gebastelt, deren Charakter die nominell 310 PS nur unzureichend wiedergeben. Entschlossen zupacken tut der Motor schon bei niedriger Drehzahl, dann geht es zornig hinauf bis 7000 Touren, ein klanglich unvergleichliches Wüten.

Ist der Motor nicht eine Fehlbesetzung in einem SUV, das wegen seines Gewichts und mehr noch des hohen Schwerpunkts niemals eine wirklich sportliche Fuhre abgeben kann? Zunächst gibt sich der Fünfzylinder im Alltagsbetrieb absolut unauffällig, ein kultivierter Benziner, geschliffen verwaltet von zwei Kupplungen und sieben Gängen. Der Q3 müht sich zudem mit Feinschliff am Fahrwerk redlich, dem RS-Badge gerecht zu werden. Sportwagen-Feeling kann zwar schon aufgrund der hohen Sitzposition nicht wirklich aufkommen, doch tatsächlich kann man den RS Q3 schnell und sogar sehr schnell fahren, wenn man den zur Verfügung stehenden Platz auf der Landstraße zur Gänze ausschöpft. Der Allradantrieb stellt unbeirrbare Traktion her, und die hervorragende Bremsanlage hat der Masse durchaus etwas entgegenzusetzen.

Der Fünfzylinder ist also nicht an ein beliebiges SUV verschwendet. Auch wenn der Einstieg hoch liegt: Einer der letzten charismatischen Motoren dieser Tage zusammen mit vielen liebevollen Details der RS-Linie erheben den RS Q3 weit aus der Masse der Möchtegern-Sport-Diesel-SUV.

ZAHLEN & FAKTEN

Audi RS Q3

Maße. L/B/H: 4410/2019/1580 mm. Radstand 2603 mm. Leergewicht 1730 kg. Ladevolumen 356 l.

Motor: Reihen-Fünfzylinder-Otto, Turbo, 2480 ccm. Leistung 228 kW (310 PS) bei 5200–6700/min. Drehmoment 420 Nm bei 1500 bis 5200/min.

0–100 km/h in 5,5 sec. Vmax 250 km/h. Testverbrauch 11,8 l/100 km.

Allradantrieb, 7-Gang-Doppelkupplung.

Preis ab 67.200 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2014)

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