Lexus: Ein Exot, der nicht auffällt

(c) Davidek
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In der Oberklasse bilden Audi, BMW und Mercedes eine Phalanx. Kann der Lexus GS 300h daran etwas ändern?

Audi A6, BMW-5er und Mercedes E-Klasse kommen in Österreich zusammen auf ungefähr viereinhalb tausend Zulassungen im Jahr, mal sind es mehr, mal weniger. Die Marktanteile der drei Baureihen variieren dabei in Abhängigkeit vom jeweiligen Modellzyklus. Auffallend konstant ist hingegen, dass die drei deutschen Marken schlicht keine Mitspieler in ihrem Segment dulden. Wer von Größe und Preisklasse dazupassen würde, muss sich mit den Bröseln vom Kuchen begnügen. Diese Erfahrung machen etwa Jaguar (mit dem XF) und Volvo (mit dem S80) seit vielen Jahren.

Einen ganz schweren Stand hat Lexus mit dem GS, der auf nicht mehr als zwei Dutzend Zulassungen im Jahr kommt. Dafür gibt es einerseits Gründe, die nichts mit dem Auto an sich zu tun haben, sondern mit den gut ausgebauten Festungen, die andere im entscheidenden Flottengeschäft über Jahrzehnte hinweg errichtet haben. Da dringt man nicht von heute auf morgen ein. Das allein fasst als Erklärung aber zu kurz: Selbst die US-Marke Tesla schafft quasi als Outlaw mit dem rein elektrischen Model S mehr als dreimal so viel Stückzahlen wie der GS – es gibt also ein Potenzial für Quereinsteiger und Schrägparker.

Die Marke Lexus ist bekannt und genießt durchaus einen guten Ruf, man hat vielleicht schon gehört, dass der noble Ableger von Toyota in den USA im Segment ganz vorn mitspielt. Der GS himself muss also die Frage beantworten, warum er – rein statistisch – seltener als ein Ferrari 458 auf der Straße anzutreffen ist.

Naturgemäß haben Modellreihen ohne Diesel und Kombi kein leichtes Leben, und der GS ist eine solche – wie allerdings auch Teslas Model S. Lexus empfiehlt im neuen GS 300h als Alternative den Hybridantrieb. Warum nicht – wir vermeiden damit Schattenseiten des Dieselmotors, erzielen aber dessen Verbrauchswerte – um die acht Liter auf 100km, das ist für ein Fünfmeterschiff mehr als respektabel.

Das Design des Innenraums ist schlicht, schön, ergonomisch. Die Sitze sind gar sensationell, variantenreich verstellbar und im Testwagen beheizt und belüftet.

Keine Entspannung

Die Entspannung zerschellt jedoch am opulenten Infotainmentsystem: Die joystickartige Bedienung ist mühsam, der Aufbau unlogisch, die Grafik unzeitgemäß. Einfache Tasks verlangen bereits das Handbuch. Auch die Spracheingabe ist nicht hilfreich, wir konnten von fünf akustischen Eingaben an das Navi keine einzige zu Ende bringen. Dabei ist es unerheblich, ob man deutlich spricht, gleiche oder verschiedene Adressen nennt. So weckt man Emotionen, bloß nicht die richtigen.

Auf der Langstrecke ist der Lexus 300h durchaus ein Driver's Car, gibt gutes Feedback und ist erfreulich zu fahren. Im Eco-Modus wird auch auf der Autobahn eine vernünftige Balance zwischen Wirtschaftlichkeit, Komfort und Straffheit gehalten. Head-up-Display, Abstands- und Fahrspurassistent sind in der Klasse Must-haves. In den Modi Sport oder Sport+ wird Spannung aufgebaut, Härte gezeigt und die Drehzahl von der Automatik leicht erhöht. Das ist auf Landstraßen wichtiger als im Fluss der Autobahn. Planetengetriebe wie im 300h bauen kompakter und ermöglichen Hybriden, ihr Sparpotenzial durch stufenlose Übersetzung auszuspielen. Nachteil ist eine limitierte Höchstgeschwindigkeit, beim 300h 190 km/h.

Für moralisch Gefestigte kein Problem, vor allem, weil das Auto zügig zur Vmax marschiert, dann allerdings mit kernigem Benzinersound. Es ist auch unzeitgemäß, 190km/h nicht ausreichend zu finden, aber das einem zu erklären, der mit Audi, BMW oder Mercedes liebäugelt, ist nicht einfach.

Der GS ist ein sehr gutes Langstreckenauto, freilich umzingelt von grandiosen Konkurrenten. Er ist zudem stadtfreundlich, weil er auch rein elektrische Etappen zulässt. Doch Preisvorteil bietet er keinen, und sein emotionaler Appeal ist knapp gehalten. Damit erscheint sein Schicksal bis auf Weiteres besiegelt.

LEXUS GS 300 HYBRID

Maße: L/B/H: 4850/1840/1455 mm. Radstand: 2850 mm. Gewicht: 2265 kg. Kofferraumvolumen: 465 Liter.
Motor:
Vollhybrid: R4-Zylinder-Benzindirekteinspritzer, 2494 ccm, Leistung: 133 kW (181 PS). E-Antrieb: 105 kW (143PS). Systemleistung: 164 kW (223PS). Nickelmetallhydridbatterien (1,49 kWh). Vmax: 190 km/h, 0–100 in 9,2 sec. Testverbrauch: 7,8 l/100 km.

Preis: ab 48.380 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2014)

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