Ford Mustang: Des Ponys langer Ritt nach Europa

(c) WERK/ Charlie Magee Photography
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50 Jahre lang hat uns Ford sein berühmtestes Modell vorenthalten. Die siebte Generation der US-Auto-Ikone Ford Mustang kommt ab Juli offiziell in den heimischen Handel.

Für die Auto-Ikonografie jenseits des großen Teiches ist der Mustang mindestens so bedeutend wie bei uns der Porsche 911. Dieses Auto hat 1964 das Genre der „Pony Cars“ mit einem heftigen Tritt ins Autouniversum beschleunigt. Und nicht nur das: Der Mustang wurde ein veritabler Leinwandheld. Stichworte: „Bullit“, „Gone in 60 Seconds“ ... und, und, und.

Für ein Kind der 1970er mit nur einem Tropfen Benzin im Blut (und damals gab's mangels iPhone & Co. noch jede Menge davon) war der Mustang eine fixe Größe, obwohl es ihn in Österreich nie (offiziell) zu kaufen gab. Und das war wahrscheinlich auch eine gar nicht so schlechte Entscheidung. Wer jemals ein frühes Pony reiten durfte, weiß, wovon hier die Rede ist. Straßenlage, Lenkung und Bremsen waren für europäische Verhältnisse, bleiben wir höflich, gewöhnungsbedürftig.

Umso größer die Erwartung an den Neuen: Dass Ford in globalisierten Zeiten ein Auto extra für die in Sachen Stückzahlen kaum mehr relevante Alte Welt abstimmt, muss man sich als Autofan auf der Zunge zergehen lassen. Hier durften die eher progressiven Designer und Techniker an die Zeichenbretter: keine Starrachse hinten, keine unten liegende Nockenwelle samt Stößelstangen beim V8.

Die Optik geht glatt als Knaller durch: Stimmige Zitate aus der Vergangenheit treffen auf beschleunigte Neuzeit. Als Cabrio mit feiner Stoffmütze eher edel, als GT Coupé der Typ sprintbereiter Turnschuh. Was auf den Fotos nicht so gut rüberkommt: Der „'stäng“ ist ein Riesentrumm von Auto. Knapp 4,8 Meter lang und, mit Ohrwascheln, über zwei Meter breit. Dafür viel Platz im Innenraum, die zweite Reihe aber taugt nur für Kinder. Zum Staunen die Einrichtung: kein speckig-glänzendes Billigplastik, keine weißbrotweichen Schlabbersitze, stattdessen ein fein gemachtes Cockpit mit netten Alukippschaltern für ESP, Lenkung & Co. Das Infotainment kommt von Microsoft und ist...okay! Irgendwann gewöhnt man sich wohl auch an die gezählten 20 Tasten am Lenkrad.

So weit, so fein. Doch beim Öffnen der Motorhaube scheiden sich die Geister: Ford bietet den Mustang in Europa mit zwei Motorisierungen an: Der aufgeblasene 2.3-l-Vierzylinder (kommt im Prinzip aus dem Focus und wird ähnlich den neuen RS antreiben) leistet 317 PS und kommt auf 432 Nm Drehmoment. Nicht falsch verstehen: Das geht schon fein nach vorn, fühlt sich aber dennoch irgendwie nach Fake an. Der Motorsound wird künstlich generiert und klingt auch so. Im echten Leben stehen bei flotter Fahrt über 12 l/100 km Verbrauch auf dem Display. Zusammen mit der optionalen Automatik perfekt für das Cabrio als Auffall-Hilfe für Eissalon-Beautys.

Beim Umsteigen in das V8-Coupé ist die Welt dann mehr als in Ordnung. Den großen Motor liefert Ford bei uns nur zusammen mit dem Performance Pack, soll heißen: GT-Badges rundum, feine Recaros, Brembo-Bremsanlage, knackige Fahrwerksabstimmung. Die Kraft beider Motoren wird vom wohl (Verzeihung!) geilsten Schaltgetriebe der jüngeren Autogeschichte an die Hinterachse geschickt. Der 421 PS DOHC-V8 drückt unten mächtig an und dreht obenrum frei raus. Das Auto lenkt fein ein, bremst extrem bissig und schiebt an wie verrückt.

Fazit: feiner, muskulöser Gran Turismo mit Kultfaktor zum Schnäppchenpreis.

FORD MUSTANG

Maße. L/B/H: 4784/2080/1381 mm, Radstand: 2720 mm, Kofferraumvolumen: 408 Liter. Leergewicht: 1655–1732 kg. Heckantrieb.

Motoren/Preise.

EcoBoost: 2,3-l-R4-Zylinder-Twinturbo, 317 PS, 434 Nm, ab 42.400 Euro.

GT: 5,0-l-V8-Zylinder, 422 PS, 524 Nm, ab 54.500 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2015)

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