Das gibt Krach: Einer muss der Ärgste sein

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mercedes lässt es im GLA 45 AMG ordentlich krachen, und zwar im wahrsten Sinn des Wortes: Der aktuell stärkste Vierzylinderserienmotor der Welt verrichtet sein Werk nicht ungehört.

Die Transformation der Marke Mercedes vom honorigen Fahrzeughersteller (für eine ebensolche Klientel) zum volldynamischen Lifestyle-Ausstatter ist noch im vollen Gange, dabei kulminiert sie schon im GLA 45 AMG. Über dessen Dachflügel würden Zeitreisende schön staunen: So etwas von Mercedes!

Freilich, es wäre nicht der erste Heckflügel, der einen Mercedes schmückt. Immer noch mit einer leichten Verneigung denkt man an den 190E 2.3–16, in dem der leistungsstarke Vierventilmotor Mitte der 1980er seine angemessene Vitrine bekommen hat.

Streetfighter von heute

Die 185PS, die das damals zur Folge hatte, reichen dem kompakten Streetfighter von heute gerade bis zum Seitenschweller. Im GLA 45 AMG stehen 360PS zu Buche, also fast das Doppelte, und dabei lässt man es bei zwei Litern Hubraum bewenden.

Dank Turbo ja keine Hexerei, oder? VW hat ja schon 400 PS angekündigt, Volvo ist mit 450 PS unterwegs, einstweilen aber noch mit einem Versuchsträger – zum jetzigen Stand ist der AMG-Motor der stärkste Vierzylinder der Welt, jedenfalls in einem Serienauto. Zur Zeit des 190E haben seine 360PS noch einem scharfen V8 oder sogar Zwölfzylinder alle Ehre gemacht.

Der GLA 45 AMG kann dabei äußerlich ein beinahe dezentes Auto sein, dem nur Kenner das Kaliber ansehen.

Unser reichlich geschmücktes First-Edition-Modell (um gute 9000Euro Aufschlag) denkt freilich nicht daran, Gassen und Straßen unbemerkt zu passieren. Clou ist das große Aerodynamikpaket, das mit mächtigem Dachflügel und strategisch platzierten Luftleitelementen aussieht, als käme man direkt aus der Boxengasse (oder vom GTI-Treffen am Wörthersee).

Derlei Federschmuck mag am Geschmack der meisten Käufer vorbeizielen, doch die Botschaft ist klar: Auch bei Mercedes sind nun Chic, Spaß und Dynamik zu Hause, und es muss kein Haus kosten. Höchstens ein kleines, in einer nicht so tollen Gegend.

(c) Die Presse (Clemens Fabry)

Ruf zu verlieren

Aber wie viel Spaß macht das wirklich? Zunächst darf man das schön klingende Kürzel AMG durchaus als Qualitätssiegel verstehen. Der sportliche Arm der Marke, seit 2005 zur Gänze im Besitz von Mercedes, hat auch einen Ruf zu verlieren, den man sich in Jahrzehnten der verschworenen Leistungssteigerung erworben hat.

Damit sollte das Auto nicht nur schnell von dannen-, sondern auch flott um die Kurve ziehen. Und insofern beginnt genau hier Spaß: wo die Straßen schön gewunden und möglichst wenig befahren sind.

Von einem SUV, das der GLA eigentlich sein will, ist nicht viel zu bemerken, so spät lässt sich bremsen, aggressiv einlenken und früh auf das Gas wechseln, ohne dass man nennenswerte Wank- oder Nickmomente zu parieren hätte. Über den Flügel mag ja mancher schmunzeln, aber mit der Geschwindigkeit kann man regelrecht spüren, wie er den Karosserieauftrieb reduziert und das Heck schön am Boden hält. Damit Übermut und die schiere Leistung den Ungeübten nicht gleich in den Graben führen, ist der GLA 45 zudem mit einer auffallend kräftigen Bremsanlage ausgerüstet.

Schöner Krach

Den Soundtrack liefert eine Auspuffanlage, die das akustische Pendant zum Flügel darstellt. Im Sportmodus werden die Gangwechsel des Doppelkupplungstriebs vehement durchgepeitscht, und der dazugehörige Zündaussetzer hat einen zünftigen Kracher im Abgastrakt zur Folge. Das ist technisch keineswegs unvermeidlich, gehört aber zur Racingfolklore. Was soll man sagen, der Krawall macht Spaß, solange man im Auto sitzt und nicht an der Straße wohnt, über die es vorbeibrettert.

Ein Stichwort. Denn ein brettelhartes Fahrwerk ist der Preis für die dynamischen Talente eines Formats, das man ursprünglich für bequemes Einsteigen, höheres Sitzen und gelegentliches Befahren von Feldwegen erdacht hat. Aus nachvollziehbaren Gründen hat es BMW bislang vermieden, den X1 in M-Version anzubieten.

Aber Spaßbremse, das will man bei Mercedes eben nimmer sein. Der GLA 45 ist allerdings beruhigend teuer, sodass die VW-GTI-Fraktion nicht mit fliegenden Fahnen überwechseln wird.

MERCEDES-BENZ GLA 45 AMG 4MATIC

Maße: L/B/H: 4445/1804/1479 mm. Radstand: 2699 mm. Leergewicht fahrfertig: 1510 kg. Ladevolumen: 421–836l.

Motor: Reihenvierzylinder-Turbo, 1991ccm. Leistung: 265 kW (360 PS) bei 6000/min. Drehmoment, 450 Nm bei 2250–5000/min.

Allradantrieb.

Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe. 0–100 km/h in 4,8 sec. Vmax: 250 km/h.

Testverbrauch: 10,4 l/100 km.

CO2: 175 g/km laut Norm.

Preis: ab 64.910 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2015)

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