Audi A7: Der sinistre Abgang des Lord Helmchen

(c) Skarwan
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Genau die Extraportion Charisma, die dem reinen Business-Format fehlt: Mit dem A7 pflegt Audi Opulenz und Eigenart in der Oberklasse. Szenenapplaus für Inneneinrichtung, Motor und Blinken in Formvollendung.

Mit dem A7 verfolgt Audi eine ursprünglich vom Mercedes CLS ins Spiel gebrachte Strategie, verdienten Business-Formaten mit einem Twist in der Formgebung und angereicherter Ausstattung etwas Extravaganz, ja, Glamour angedeihen zu lassen.

So basiert der A7 technisch auf dem A6, stellt sich aber doch in ein ganz anderes Schaufenster. Das macht schon die Preisliste deutlich, die Differenz zwischen A6 und A7 macht bei den Einsteigermodellen über 16.000 Euro aus.

Wir schätzen an der Baureihe besonders das Heck mit diesem eigentümlich sinistren Abgang, der – ein bisschen Fantasie und die richtige Perspektive vorausgesetzt – an den Helm von Darth Vader erinnert. Dieser stilistisch strenge Zug wurde mit der überarbeiteten zweiten Generation etwas abgemildert, das mag man bedauern.

Lord Helmchen

Audi-Designchef Wolfgang Egger, heute bei der VW-Tochter Italdesign am Zeichenstift, dachte offiziell allerdings nicht wie wir an Lord Helmchen, sondern an das wegweisende Audi 100 Coupé von 1970. Einem ausgeprägten Coupé-Charakter stehen beim A7 allerdings die wirklich stattlichen Proportionen des knapp fünf Meter langen Viertürers entgegen.

Ist der A7 eine Schönheit? Er besitzt in jedem Fall reichlich Charisma, das ist fast genauso gut und empfiehlt die Baureihe als künftigen Klassiker.

Auf der Habenseite der Silhouette auch generöse Platzverhältnisse an Bord, die man sich bei einem Radstand von fast drei Metern freilich schon ausrechnen kann. Unter der großen, serienmäßig elektrisch betriebenen Heckklappe lässt sich eine stattliche Menge Gepäck versenken.

Die gehobene Stellung des A7 lässt sich auch am Interieur ablesen, in dem Audis Spezialisten regelrechte Festspiele veranstaltet haben, eine Opulenz in Leder, Holz und Metall, idealerweise mit B&O-Soundanlage samt skulpturösen Hochtönern kombiniert.

Ein Highlight aus unserer Sicht die Instrumententafel: Das Arrangement aus digitalem Display und zwei klassischen Rundinstrumenten ist ganz hohe Schule. Selbstredend kann man Tempo, Navigationshinweise und mehr auch über die Sichtachse zur Straße farbig in der Windschutzscheibe ablesen, Head-up-Display genannt um happige 1874 Euro Aufpreis.

So geht es im Grunde weiter, denn auch der Motor verdient mehr als eine Randnotiz. Den auf 320 PS ertüchtigten 3,0-Liter-V6 sehen wir in der Laufkultur und vor allem akustisch derzeit vor den Sechszylindern der Premium-Konkurrenten BMW und Mercedes.

Drehmomentgewitter

Das Gewitter von 650 Newtonmeter Drehmoment findet im Allradantrieb seine notwendige und verlässliche Erdung. Die Kraft wird nicht, wie beim schwächeren Diesel, von einem Doppelkupplungsgetriebe verwaltet, man greift beim Gangwechsel auf eine Achtgang-Automatik zurück. Dies selbstredend höchst geschmeidig und bei Bedarf auch sportlich flott. Die optionale Luftfederung (Aufpreis: 2650 Euro) ist in der Oberklasse eigentlich unverzichtbar und sowieso hilfreich bei einem Zweitonner, den man dann und wann auch dynamischer bewegen möchte.

Im Grunde will man im A7 spontan nach Nizza oder gleich nach Barcelona reisen, dies als gute Gelegenheit, all die Features der Assistenzelektronik zu erkunden und sich am schönen Navi mit Google-Earth-Karten zu erfreuen.

Lieblingsbeschäftigung auf der Kurzstrecke indes: Blinken. Mit dem progressiven Blinklicht hat Audi wieder einen Licht-Coup gelandet. Die LEDs blitzen pfeilartig in die angezeigte Fahrtrichtung auf, eine Straßenattraktion ersten Rangs. Das muss jeden schmerzen, der im tollen BMW oder Mercedes sitzt und blinkt wie alle Welt.

AUDI A7 SPORTBACK 3.0 TDI

Maße L/B/H 4974/1911/1420 mm. Radstand 2914 mm. Leergewicht 1970kg. Laderaum 535 Liter.

Motor V6-Zylinder-Turbodiesel, 2967 ccm. 235 kW (320 PS) bei 3900-4600/ min. 650 Nm bei 1450-2800/min. Allradantrieb. Acht-Stufen-Wandlerautomatik.

0-100 km/h in 5,2 sec. Vmax 250 km/h.

Testverbrauch 9,2 l/100 km.

Preis ab 74.950 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2015)

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