Tesla: Der vernünftigste Sportwagen der Welt

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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700 PS, von null auf 100 km/h in drei Sekunden – der Tesla P85D ist ein Rennauto, getarnt als Familienlimousine. Dabei fährt man rein elektrisch, sparsam und umweltfreundlich.

Es ist heutzutage ja verpönt, in einem Auto Spaß zu haben. Die korrekteste Form der Fortbewegung, abgesehen vom aufrechten Gang in Birkenstocksandalen, ist ein Carsharing-Auto mit weniger PS als ein Rasenmäher. Dazu kommt Papa Staat, der jedes Fortbewegungsmittel, das stärker und schneller als ein Einheitsvolkswagen ist, mit einer horrenden NoVA und Kfz-Steuer belegt.

Nehmen wir beispielsweise einen Ferrari 458 Italia: Der kostet netto um die 170.000 Euro. Dazu kommt eine NoVA in Höhe von 32 Prozent plus die Mehrwertsteuer, macht brutto beim Händler in Österreich etwa 255.000 Euro. Die Kfz-Steuer, die man für diesen ansehnlichen Italiener mit seinen 565 PS pro Jahr bezahlt: heftige 3403,44 Euro.

Was wird da der Staat erst bei einem Auto kassieren, das – sagen wir – 700 PS hat, das von null auf 100 km/h in drei Sekunden beschleunigt und das nicht aussieht wie ein Schubkarren mit vier Rädern? Nichts kassiert er. Nada. Null. Und noch dazu kann man in diesem Auto durch Wiens Bobo-Bezirke fahren, ohne dass einem selbstgezüchtete Balkontomaten nachgeworfen werden. Stattdessen erntet man ein breites Lächeln und bekommt ein Daumen-Hoch.

Es geht also um den Tesla P85D. Genau – dieses elektrisch angetriebene Wahnsinnsauto mit seinem „Insane“-Mode, das man von YouTube-Videos kennt, auf denen Menschen erst erschrocken und dann hysterisch lachend auf die bisher nicht gekannte Beschleunigung reagieren. Ein Rennwagen, der sich auch als Familienauto eignet und dabei die Umwelt schont (wir luden ihn nur mit Strom aus Wasserkraftwerken!).

Man muss den Hut ziehen vor Elon Musk, dem Gründer von Tesla, für das, was er geleistet hat. Bevor er das Model S auf die Straße brachte, fehlte Elektroautos jeglicher Charme, viel Technik und Reichweite. Das Model S aber sieht nicht nur innen und außen schön aus, es hat auch eine Reichweite von etwa 500 Kilometern und jede Menge raffinierte Technik.

Hinten 476 PS, vorn 224 PS

Der P85D ist der jüngste Wurf mit zwei Elektromotoren: einer hinten mit 476 PS, einer vorn mit 224 PS. Die Summe 700 ist eine recht beeindruckende Zahl. Mit einem Software-Upgrade schafft man es damit in drei Sekunden auf 100 km/h. Der Ferrari 458 Italia braucht dafür 3,4 Sekunden, der Porsche 911 Turbo S 3,1 Sekunden. Will man unter die Marke kommen, muss man sich schon einen Lamborghini Aventador besorgen: Der benötigt 2,9 Sekunden.

Der „Insane“-Mode aber, auf deutsch nüchtern mit „Wahnsinn“ übersetzt, bietet, was kein Lamborghini und kein Ferrari hat: Durch den Elektromotor steht das unglaubliche Drehmoment von 990 Newtonmetern vom ersten Meter an zur Verfügung. Wem das nichts sagt: Die Beschleunigung fühlt sich ungefähr so an, als würde man mit einer Achterbahn im Prater fahren.

Gleichzeitig fährt man aber in einer geräumigen, fünfsitzigen Limousine, mit schön gestyltem (man schaue sich nur die Armauflage bei den Türen an) und hervorragend verarbeitetem Innenraum, riesigem Kofferraum, verspielten Details (die Türgriffe fahren aus und ein) und einer revolutionären Steuerung des ganzen Fahrzeuges durch einen großen Touchscreen: Sei es Navigation, Radio, Klimaanlage oder Federung – alles wählt man am 17-Zoll-Bildschirm aus.

Die wichtigste Frage aber bei einem Elektroauto: natürlich die Reichweite. Tesla gibt sie mit 491 Kilometern an, knapp unter 400 ist realistischer. Zu Hause sollte man zumindest einen Starkstromanschluss in der Garage haben, mit der Steckdose wird es mühsam. Natürlich gibt es auch die kostenlosen Schnellladestationen von Tesla. In Wien etwa, in Salzburg, Villach, Kitzbühel und in St. Anton. In 20 Minuten ist die Batterie zur Hälfte voll. Plant man eine längere Reise, rechnet das Navi aus, wo man aufladen kann und wie lange man muss. Dass der Platz frei ist, ist aber nicht garantiert.

Zum Schluss kommt noch der große Witz: Die 700-PS-Limousine hat in unserem Test auf 100 Kilometer etwa 24 Kilowatt verbraucht. Das sind Stromkosten von weniger als fünf Euro. Das Elektroauto selbst kostet vergleichsweise bescheidene 112.000 Euro, vor allem aber erspart man sich jährlich 4294 Euro, die man sonst an Steuer für ein 700-PS-Auto bezahlt.

Man muss daher ganz objektiv feststellen: Der Tesla P85D ist eigentlich ein reines Vernunftauto.

Tesla Model S

Maße: L/B/H 4970/2187/1435 mm
Radstand: 2960 mm
Leergewicht: 2239 kg
Kofferraumvolumen: 895 bis 1795 Liter
Motor: ein E-Motor pro Achse, Akku-Kapazität 85 kWh, Allradantrieb
Testverbrauch: 24 kWh/100 km
Beschleunigung: 0-100 km/h in 3,3 bzw. 3,0 Sekunden mit Software-Upgrade
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Drehmoment: 990 Nm
Preis: 112.100 Euro (Basispreis ab 85.500 Euro)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2015)

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