Fiat SUV 500X: Der perfekte Dienstwagen für Monsignore Fivehundred

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Herr, erhöhe meinen Böschungswinkel und unterscheide mich von der Menge der gesichtslosen SUVs: Fast könnte man glauben, Fiat folge mit dem kompakten SUV 500X einer langen Tradition.

Don Nunzio Scarano hat Hausarrest. Die italienische Finanz wirft dem ehemaligen päpstlichen Rechnungsprüfer Geldwäsche in der Höhe von 20 Millionen Euro vor, das entspricht 1053 Exemplaren des Fiat 500X im Basistrimm zu 18.990 Euro pro Stück (2WD).

Scarano verdankt seinen Kosenamen, Monsignore Fivehundred, einer stets mit 500-Euro-Noten prall gefüllten Brieftasche. Wir leihen uns diesen unschlagbaren Spitznamen und möchten ihn positiv konnotieren, denn der Fiat 500X ist tatsächlich ein Monsignore Cinquecento, der Prälat unter den kompakten SUVs und die vorerst letzte Eskalationsstufe des 500er-Styling-Gedankens.

Das Beauty-Tuning von Farben und Stoffen ab Werk ist ehrwürdig, die Auswahl detailreich und ein direkter Angriff auf den Lifestyle von Mini. Die äußere Erscheinung ist ein dreidimensionales Täuschungsmanöver reinsten Wassers, denn trotz der knuffigen Erscheinung sitzt man hoch, sogar in Augenhöhe mit der Hauptzielgruppe des Vatikans: Familien in Vans. Fiat hat das Kunststück geschafft, jedes Mitglied des 500er-Labels sofort erkennbar zu machen, obwohl es sich um drei grundverschiedene Autos handelt. Der Cinquecento fährt auf der Bodengruppe des Panda, der behäbige 500L basiert auf jener des Punto und der getestete 500X fährt auf der knackigen Plattform des Konzernbruders Jeep Renegade, also drei völlig unterschiedliche Konzepte.

Der Trick ist nicht nur die Unverwechselbarkeit, sondern auch die Sympathie, die dieses Auto wegen seiner Ähnlichkeit zum kleinen Cinquecento ausstrahlt. Der große Unterschied ist die Vielseitigkeit.

Stadt, Land und Langstrecke sind im 500X gleich gut zu bewältigen, solange kein großes Gepäck bewegt werden muss. Sitzposition, Fahrwerk und Entertainmentsystem assistieren tadellos bei der Bewältigung alltäglicher Situationen, bieten aber auch kaum Gesprächsstoff für Enthusiasten.

Hilfreich sind im Testwagen drei Fahrmodi, die per Drehschalter ausgewählt werden können und wahlweise dabei unterstützen, sparsam oder sportlich zu sein oder in kniffligen Situationen abseits befestigter Straßen die richtige Abstimmung bereitzustellen. Dem gemeinen Gatsch wirkt ein neues Antischlupfsystem effektiv entgegen, auf asphaltierten Geraden reichen zwei angetriebene Räder. Das alles in einem modischen Ambiente, umgeben von elektronischen Helferlein wie Spurhalte- und Totwinkelassistenten bis zum Auffahrwarnsystem im Dynamic-Safety-Plus-Paket um 851 Euro.

Die eigentliche Frage ist, wie „Don“ man sein möchte. Die Konfigurationen reichen bis 140-Allrad-PS und Neungangautomatik (Testwagenpreis: 32.450 Euro, Testverbrauch: 7,3 l/100 km) inklusive Schaltwippen am Lenkrad, die wir kaum benützt haben, weil das Getriebe auch ohne unser Zutun seinen Job so unauffällig wie erwartet erledigt. Soll das Auto nach außen hin den Cross-over-Faktor ausstrahlen oder reicht die blutrote Dreichschichtlackierung?

Jede dieser Fragen tariert den Anschaffungspreis um ein paar hundert Euro auf oder ab, es ändert aber nichts an der grundsätzlichen Erscheinung. Vergleiche des Fiat 500X mit gesichtslosen Kompakt-SUVs laufen ins Leere, die eigentliche Konkurrenz sind Mini Countryman und Nissan Juke, also besonders lifestyleorientierte Statements. Das Konzept tritt in den direkten Wettbewerb der kompakten Mobilität, die sich nicht auf ein Terrain festlegen will. Also hat auch Fiat Look & Feel des 500X an diesen Mitbewerbern orientiert, bietet ein feistes Fahrerlebnis weit entfernt von der Abgehobenheit, dem schlechten Gewissen und dem Verbrauch „echter“ SUVs.

Zieht man noch die italienische Herkunft in Betracht, wäre das der perfekte Dienstwagen für Monsignore Fivehundred. (cd)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2015)

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