Mustang: Gar keine halbe Portion

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Good News: Der Mustang ist auch mit kleinem Motor gut gesattelt.

Im Vorjahr feierte eine der großen Ikonen von US-Motors 50 Jahre ihres Bestehens – der Ford Mustang war 1964 auf den Markt gekommen. Um ihn übrigens gleich im Sturm zu erobern: Ford verkaufte im ersten Jahr mehr als doppelt so viele Exemplare, wie man optimistisch gehofft hatte. Das lag nicht zuletzt am günstigen Preis, zu dem Sechszylinder-Einstiegsmodelle zu bekommen waren. Nach obenhin war sowieso bald alles offen, unter anderem mit über 300 PS starken V8-Varianten der Tuning-Legende Carroll Shelby.

Von dem halben Jahrhundert Kultauto kann man wohl getrost die Hälfte abziehen, mit dem 1978er-Mustang setzte ein stilistischer Niedergang ein – stellvertretend für die US-Autoindustrie. Schwer vorstellbar, dass Mustangs der folgenden Jahrzehnte einmal als verehrte Klassiker gehandelt werden (als geschätzte Kuriositäten aber durchaus).

So begann der neuzeitliche Rummel auch mit der Besinnung auf die Urform, mit dem verwegenen Ausdruck an der Front und den charismatischen Heckleuchten, irgendwie Rodeo-sexy. Von Retro würden wir gar nicht reden – das trifft auf den kurz aufgeflackerten Thunderbird zu –, sondern von einer gelungenen Neuinterpretation eines Autos, an dem einfach alles gestimmt hat.

Ritt nach Österreich

Das Jubiläum war dennoch ein guter Anlass für die Ankündigung, das Pferdchen nun auch in der restlichen Welt ganz offiziell einreiten zu lassen. Unter anderem in Österreich, wo einem der Ford-Händler bislang nicht weiterhelfen konnte oder durfte.

Das kann er auch fürderhin nur bedingt, sei gleich erwähnt, denn Ford wird den Mustang nur in Flagship-Niederlassungen ausstellen und verkaufen, zusammen mit der neuen Premium-Linie Vignale. Es sollte aber trotzdem jedem Händler möglich sein, ein Exemplar zu besorgen, sozusagen auf dem kurzen Dienstweg, wenn man sich einmal ein Herz gefasst hat und bereit ist zur Order.

Den Geneigten, aber noch Schwankenden sei gleich versichert: Das Einstiegsmodell hat heute ebenso seine Berechtigung wie in den frühen Tagen des Mustang. Es muss nicht der V8 sein.

Zwar ist es zweifellos ein Spaß, den 5,0-Liter-Achtzylinder mit einem Tastendruck anzuwerfen. Der gefällige Radau ist V8-Folklore pur. Von Brabbeln bis Brüllen beherrscht die Maschine alle Tonarten, und gewiss mangelt es mit 422 PS nicht an Druck auf der Hinterachse, die auf Wunsch, sprich bei ausgeschaltetem ESP, in den geeigneten Kurven gern großzügig seitlich ausschlägt. Das Fahrwerk, wofür es einst berüchtigt war, hält keine Tücken mehr bereit. Zusammen mit dem sagenhaft knackigen Schaltgetriebe wird die flotte Fahrt im Mustang GT zum Ritt in eine Zeit, als alles noch ein bisschen lustiger und aufregender war (sei es auch lang vor uns gewesen).

Surprise, surprise

Die vergleichsweise Motorenminiatur namens EcoBoost mag da für die ganz andere Richtung stehen: Downsizing, Turbo, kaum Krawall und wenig Spritverbrauch, was heute so üblich ist. Doch die Überraschung hätte erfreulicher nicht sein können: Auch das funktioniert. Mindestens.

Historisch legitimiert sind Vierzylinder im Mustang durchaus, es gab sie ab den späten 1970ern (zugegeben nicht die ganz starke Zeit). Zunächst mit unter 100 PS, dann, zufällig wie heute, mit 2,3 Litern und Turbo, gut für 152 PS.

Demgegenüber wirken die 317 PS des 2,3 EcoBoost fast monströs, es ist mehr Leistung, als man ehedem V8-Maschinen mit dreifachem Hubraum abgetrotzt hat. Doch selbst für ein neuzeitliches Auto mit dem unvermeidlichen Speckrand passt nicht nur die Performance, sondern auch das Gefühl – der Motor ist ein zorniges Kraftpaket, das für ausreichend Brisanz an der Hinterachse sorgt und zudem wesentlich elastischer zu fahren ist als der V8, der als Saugmotor schon auch seine Problemzonen im Durchzug hat.

Klanglich gibt es der Vierzylinder billiger als der V8, doch schlecht klingt er nicht, und anders als dieser ruft er die Sheriffs der Bundesstraße nicht schon Kilometer vor Eintreffen auf, den Radar-Colt in Anschlag zu bringen.

Unbenommen, ob man im GT oder EcoBoost sitzt, genießt man im Mustang freundliches Feedback on the road – mag es das Pferd am Kühlergrill sein, das über den Markendünkeln galoppiert, oder der erfrischende Anblick eines Autos, das die verborgenen US-Sehnsüchte in uns weckt. Dass man sein Glück ein wenig mit der Straße teilt, war immer die Idee dieser Art von Autos.

FORD MUSTANG ECOBOOST

Maße. L/B/H: 4784/1916/1381 mm. Radstand: 2720 mm. Leergewicht: 1655 kg. Kofferraum: 408 Liter.

Motor. 2,3-Liter-R4-Zylinder-Otto-Turbo. Leistung: 233 kW (317 PS); Drehmoment: 434 Nm bei 3000/min. Vmax: 234 km/h. Verbrauch: 8,0 l/100 km laut NEFZ.

Preis ab 44.400 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2015)

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