Infiniti Q30: Unter der Haut ein solider Deutscher

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Der Infiniti Q30 ist ein naher Verwandter der Mercedes-Kompaktklasse. Die Nissan-Nobeltochter hat bemerkenswerterweise aber noch viel Verbesserungspotenzial gefunden.

In Österreich ist Infiniti zurzeit noch exklusiver unterwegs, als es die japanische Edelmarke ohnehin sein möchte – vielleicht ist ein einsamer Flagship-Store südlich von Wien doch ein etwas zu vorsichtiger Marktauftritt.

Leicht macht es einem Newcomer der heimische Hang zu erlernten Statussymbolen ohnehin nicht.

Schon größer als Alfa

Weltweit schreibt die Nissan-Tochter aber eine der Erfolgsstorys der Branche: Mit sechzehn Prozent Zuwachs im laufenden Jahr und heuer voraussichtlich mehr als 200.000 verkauften Fahrzeugen ist sie bereits etwa dreimal so groß wie Alfa Romeo – und mindestens so nobel und dynamisch, wie die Italiener demnächst wieder sein wollen.

Der Q30 zielt auf das Oberhaus im kompakten C-Segment. Die europäische Premiumliga ist für die Japaner aber traditionell ein raues Pflaster – auf dem Hondas Nobelmarke Acura sich erst gar nicht versucht, Mazdas Xedos bereits vor Jahren verendet ist und Lexus trotz Hybrid-Bonus nur halbwegs dahinstolpert.

Die noch relativ junge Allianz von Nissan/Renault mit Mercedes liefert mit Chassis und Technik der A-Klasse die Basis für den Q30. Silhouette und Proportionen wirken entsprechend artverwandt, der Japaner positioniert sich äußerlich aber exakt zwischen A und GLA – ein Soft-Cross-over, wer der Schublade einen Namen geben will.

Das Infiniti-Design kultiviert den Ninja-Style zur Nobelhaut, dagegen wirken die vor Kurzem für Mercedes-Verhältnisse noch offensiv wirkenden Kompaktmodelle aus Stuttgart schon wieder recht hausbacken.

Finde den Mercedes!

Charakterstark auch der Innenraum: Das Layout des Armaturenbretts ist betont asymmetrisch und fahrerorientiert, wesentlich weniger geglättet und gefälliger, als es die Europäer derzeit zelebrieren. Als Zeitvertreib bietet sich das Spiel „Finde den Mercedes“ an: Die meisten Knöpfe, Schalter und Hebel wurden im Infiniti 1:1 übernommen – ein wenig mehr Investition in eigene Hardware hätte sicher nicht geschadet.

Gut eingegriffen haben die japanischen Ingenieure dagegen beim Fahrkomfort. Es sei Mercedes ins Stammbuch geschrieben, dass etwa Federung und Dämpferabstimmung im Q30 wesentlich ansprechender gelungen sind als in A und GLA – ohne dass deswegen Kompromisse bei der Fahrdynamik eingegangen wurden.

Auch die Dämmung allgemein und die Motorkapselung speziell sind vorbildlich gelungen. Dazu wurden dem mit allen Motorisierungen angebotenen Doppelkupplungsgetriebe sanftere Gangwechsel antrainiert, was zwar nicht zwingend notwendig war, aber in der Praxis auch nicht unangenehm ist.

Das präzise Handling und die direkte Auslegung der Lenkung teilt sich der Q30 mit seinem Stuttgarter Organspender. 109 oder 170 Diesel-PS stehen zur Wahl, Benziner werden mit 122, 156 und 211 PS angeboten, Letzterer als Allradler. Beim stärkeren Diesel ist Allradantrieb als Option erhältlich.

Wie auch beim Stuttgarter Pendant stammt der kleine Selbstzünder aus dem Renault-Regal, alle anderen Motoren sind aus Mercedes-Bestand.

Ausstattungsbereinigt liegen die Preise des Q30 immer nur knapp unter denen des vergleichbaren Daimler-Modells – Infiniti will (oder darf) bewusst kein Lockangebot für Mercedes-Technik zum Billigtarif sein. Auch der Mut zur Individualität abseits des Premium-Mainstream hat eben seinen Preis.

INFINITI Q30 ACTIVE COMPACT

Maße: L/B/H: 4425/1805/1475– 1495mm. Radstand: 2700 mm. Gewicht: 1407 (1,6-l-Benzin) bis 1598 kg (2,2-l-Diesel). Kofferraum: 368 Liter.

Motoren: Benziner mit 1,6 und 2,0 l Hubraum (122, 156, 211 PS), Diesel mit 1,5 und 2,2 l Hubraum (109, 170 PS).

Preise: ab 26.200 Euro (1,6 t) bis 42.887 Euro (2,2 d, DCT, AWD) bzw. 44.695 Euro (2,0 t, DCT, AWD).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2015)

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