Seat Ibiza: Überleben in der Hochleistungsgesellschaft

 Auf falbem Laube: Dabei gibt sich der 192-PS- Giftzwerg im Alltag absolut umgänglich.
Auf falbem Laube: Dabei gibt sich der 192-PS- Giftzwerg im Alltag absolut umgänglich.(c) Werk
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Auch ein Rekord: Mit dem Cupra-Version des Kleinwagens Ibiza stellt Seat das derzeit stärkste Auto unter 20.000 Euro in die Auslage.

Es hat sich schon sehr viel geändert in den vergangenen Jahren, vor allem, was die Leistung der kompakten Autos betrifft. Galt ein Mini Cooper anno 1963 noch als Granate auf Rädern oder ein Golf GTI in den Siebzigern mit seinen 110 PS als fast wahnwitzig motorisiertes Gefährt, so nehmen wir die 192 PS eines Seat Ibiza schon fast gelassen zur Kenntnis. Beinahe natürlich, denn immerhin sind das Werte, die auch Autos zwei Klassen oberhalb noch gut zu Gesicht stehen. Der Motor des Seat befeuerte in einer Urform den ersten Audi S3, der mit 180 PS in den 1990ern für einiges Aufsehen sorgte.

Doch genug der Blicke in den Rückspiegel. Um zwölf PS ist der kleine Spanier erstarkt, auch das Drehmoment des 1,8-Liter-Turbo-Vierzylinders ist mit nun 320 Nm ab 1450 U/min kräftig gewachsen. 235 km/h und eine Beschleunigung von 6,7 Sekunden auf 100 km/h sind ebenfalls ein Wort und dürften den Seat in die Topliga der Kompaktsportler katapultieren.

Umso erstaunlicher, dass der neue Cupra um ganze drei Tausender billiger geworden ist und mit 19.990 Euro unter den magischen Zwanzigtausend rangiert. Ein Rekord, mehr Leistung für dieses Geld hat die Konkurrenz zur Zeit nicht zu bieten.

Dabei ist der Kompaktsportler gut ausgestattet. So soll eine elektronische Differenzialsperre mit Bremseingriff für ein sicheres Fahrverhalten sorgen, dazu gibt es LED-Tagfahrlicht und Heckleuchten, einen Regensensor, Einparkhilfe vorn und hinten, Climatronic, Tempomat und vieles mehr. Eine umfassende Konnektivität soll zudem auch die ausgefallensten Wünsche des vor allem jungen Publikums befriedigen.

Im Innenraum fällt vor allem die absolute Dunkelheit auf, kein Farbtupfer sorgt für Abwechslung. Dafür gibt es recht bequeme Sitze mit gutem Seitenhalt, ein knackig kurzes Sechsganggetriebe und eine Mittelarmlehne, die etwas zu hoch angebracht ist. Einen Haltegriff für den Beifahrer, nicht ganz fehl am Platz in diesem Auto, sucht man vergeblich.

Die Leistungsentfaltung ist geprägt von dem beachtlichen Drehmoment und fühlt sich eher sanft an, obwohl die Werte eine andere Sprache sprechen. Auch das Fahrwerk mit verstellbaren Dämpfern ist eher komfortabel, die Zeiten, da ein Sportler brettlhart zu sein hatte, um als solcher zu gelten, sind offensichtlich auch in Spanien vorbei. Die Lenkung ist zielgenau, aber nicht zu giftig, auch die Bremsanlage wird der Leistung durchaus gerecht. Das Bestreben der Entwickler, ein Auto zu konstruieren, mit dem auch der ganz normale Alltag bewältigt werden kann, ist deutlich zu merken.

Erfreulich kurz die Aufpreisliste mit Glashubdach, Alcantara und einem Winterpaket. Vier Türen oder ein Doppelkupplungsgetriebe wie beim Konzernbruder Polo GTI gibt es allerdings nicht für Geld und gute Worte. (ff)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2015)

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