Toyota Mirai: Wir ließen nur Wasser

Da fährt sie, die Zukunft: lautloses Vorbeigleiten des Toyota Mirai auf ersten Testfahrten in Wien.
Da fährt sie, die Zukunft: lautloses Vorbeigleiten des Toyota Mirai auf ersten Testfahrten in Wien.(c) STS
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Erste Ausfahrt in Toyotas Brennstoffzellenauto Mirai – können und wollen wir so in die Zukunft fahren?

Wien. Sieht so die Zukunft aus? Denn genau das heißt Mirai auf Japanisch: Zukunft. Dabei sieht das Vehikel im Großen und Ganzen wie ein recht normales Auto aus, auch wenn man über seinen optischen Appeal sicherlich streiten kann.

Auffallend sind zunächst die riesigen Lufteinlässe seitlich an der Front. Sie dienen nicht der Kühlung eines Hochleistungsmotors der alten Schule, sondern indirekt dem Antrieb. Eine Brennstoffzelle, wie sie der Mirai mit sich führt, braucht große Mengen an Luft, genauer: Sauerstoff, der mit dem mitgeführten Wasserstoff reagieren und dabei Strom erzeugen soll.

Und mit dieser Energiequelle an Bord ist der Mirai dann doch kein normales Auto. Der Mirai ist ein Elektroauto, das seinen Strom an Bord selbst herstellt und dabei keinerlei Emissionen erzeugt – außer Wasser: auf 100 km etwa acht Liter, die tröpfchenweise oder auf Knopfdruck abgelassen werden.

Was geschieht im Inneren? Der Mirai nutzt die technische Plattform des Prius, die die notwendigen Komponenten – im Wesentlichen Steuereinheit, Brennstoffzelle, zwei Hochdrucktanks für den Wasserstoff und die Batterie – problemlos unterbringt, immerhin fällt ja der Benzinmotor komplett weg. In der Zelleneinheit, die unter den Vordersitzen Platz findet, reagieren Sauerstoff und Wasserstoff, wobei Strom entsteht (nebst Wasser). Mit diesem Strom wird der Elektromotor an der Vorderachse angetrieben. Als Puffer und als Speicher für beim Bremsen rekuperierte Energie dient eine große Batterie, die das Auto phasenweise allein antreibt und ebenfalls aus dem Prius stammt.

Auf einer ersten Ausfahrt in und um Wien stellten wir fest, dass der Mirai nicht nur (fast) wie ein normales Auto aussieht, sondern sich auch so fährt – eben wie ein Elektroauto, wobei er mit 113 kW (154 PS) maximaler Leistung dem i3 von BMW am Nächsten kommt. Was bedeutet: Der Mirai zischt vergnüglich ab. Alle Vorzüge des Elektromotors – vor allem die ansatzlose Verfügbarkeit des vollen Drehmoments, immerhin 335 Newtonmeter – sind dem Mirai gewahrt.

Es rauscht

Je nach Fahrmodus variieren Beschleunigung und Intensität der Rekuperation; wenn man sich ein bisschen spielt, gelangt man auch ins Segeln, rollt also ohne innerliche Bremswirkung dahin. Dass der cW-Wert mit 0,29 nicht an jenen des Prius heranreicht, liegt am großen Frischluftbedarf – große Lufteinlässe sind aerodynamisch ungünstig. Ruft man die volle Leistung ab, mischt sich in das sehr dezente Betriebsgeräusch ein Rauschen, das von einem Ventilator stammt – dieser presst bei Bedarf zusätzliche Luft in die Brennstoffzelle. Im Grunde fährt sich der Mirai wie ein kräftig motorisierter Prius.

Beide Tanks sind unter den Rücksitzen verbaut und belassen einen Gepäckraum von 361 Litern. Der 4,89 Meter lange Mirai bietet auf knapp 2,8 Metern Radstand vier Personen nicht überragend viel, aber für die meisten Zwecke ausreichend Platz an Bord. Das Tanken mit Wasserstoff dauert etwa drei Minuten, volle Tanks mit insgesamt 122,4 Litern Inhalt ergeben eine Reichweite von 550 km.

Womit wir bei der Praxis sind. Im Land, genauer in Wien, gibt es derzeit eine einzige öffentlich zugängliche Wasserstofftankstelle, was die Frage nach einem Verkauf derzeit obsolet macht. In einigen Ländern Europas, in den USA und ohnehin in Japan sind aber schon ein paar Tausend Mirai unterwegs. Toyota glaubt fest an die Zukunft der Technologie, die sicher sein soll und sich fürs Erste einmal völlig umgänglich in der Handhabung erweist. Die notwendige Infrastruktur für die Versorgung mit Wasserstoff würde Europa „weniger kosten, als eine mittlere Landesbank an einem Nachmittag mit Spekulationen versenkt“, um den langjährigen Linde-Chef Wolfgang Reitzle zu zitieren. Wie immer würde die Produktion großer Stückzahlen den Preis reduzieren.

Der beträgt derzeit 66.000 Euro ohne Steuern (also in Österreich plus Mwst, die NoVA würde entfallen). Dass der Mirai dafür wie behauptet das Flair der Oberklasse verströmt, dafür brauchte es freilich noch allerhand Feinschliff. (tiv)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2016)

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