Katanaschwert statt Taschenfeitel

SRI-LANKA-ECONOMY-TOYOTA
SRI-LANKA-ECONOMY-TOYOTAAPA/AFP/ISHARA S.KODIKARA
  • Drucken

Der Toyota Prius bleibt massentauglicher Innovationsträger des Konzerns – und ist in der neuesten Ausgabe schlicht ein fantastisches Auto geworden.

Weicht zurück, Nörgler! Hier kommt eine Hymne auf die vierte Hybridgeneration. Anders können wir den Druck nicht loswerden, der sich nach eingehender Auseinandersetzung mit dem neuen Toyota Prius aufgebaut hat. Bevor wir zur Lobpreisung mit anschließendem Kyrieeleison schreiten, lassen Sie uns noch kurz das Umfeld abstecken: Vierzylinderbenzinmotor mit 1798 ccm, 98 PS und offiziellen 76 Gramm CO2 pro Kilometer (weniger bei leichterer Ausstattung), das ergibt eine NoVA von null Prozent. Der Elektromotor schafft eine 30-Minuten-Leistung von 37 kW oder eine maximale Nennleistung von 53 kW, die optimierte Systemleistung hingegen operiert mit maximal 90 kW (122 PS).

Wie fühlt sich das an? Ausreichend in fast jeder Situation und mit den Fahrmodi Eco und Power dem Einsatzzweck entsprechend entspannt oder angeschärft. Den Normalmodus haben wir kaum verwendet.

In 10,6 Sekunden wird auf Tempo 100 beschleunigt, das stufenlose Automatikgetriebe erlaubt die bauartbedingt üblichen 180 km/h Höchstgeschwindigkeit, ermöglicht aber einen um Klassen besseren Antritt als bisher.

Begonnen hat alles 1997 mit einem recht naiven Design, das einen Blick auf Wikipedia wert ist. Drei Jahre später konnte man erstmals außerhalb von Japan Prius fahren – heute halten wir bei der vierten Generation, die um rund sechs Zentimeter länger, aber 70 kg leichter geworden ist. Das viereinhalb Meter Auto wiegt in der besten Ausstattung 1400 kg – wir hätten im Schnitt 3,3 l/100 km verbrauchen sollen, aber dazu gleich mehr.

Vorher noch ein paar Worte zum Leben mit dem Prius: Die Anmutung des Innenraums ist ein Quantensprung. Man vergesse alles, was von gelegentlichen Taxifahrten in den Priussen dieser Welt abgespeichert ist. Das hier ist eine neue Welt mit wertiger Verarbeitung und satten Geräuschen (Türen!) in einer wohnlich-avantgardistischen Atmosphäre mit futuristisch-schlicht gezeichneten Armaturen, die man gern angreift.

Der Fiat-500-Bakelit-Schmäh in der unteren Mittelkonsole wurde um das Glänzen von Perlmutt erweitert, ein netter Klecks, das wollen sicher nicht alle haben, aber es lockert nochmals auf – und hey, da wartet eine induktive Ladestation auf das Smartphone, das auch nicht mehr herumrutscht.

Das Exterieur ist eine unmissverständliche Botschaft in Richtung jener Kunden, die das edle Kampfschwert dem klassischen Pfadfindermesser vorziehen und die mit der Form-follows-Öko-Attitüde der Vorgängermodelle nie warm geworden ist. Die filigran gezeichneten Heckleuchten sind nächtens ein absoluter Blickfang und halten ein, was vorn versprochen wird.

Dann diese selige Ruhe im Eco-Modus, man will sie nicht mehr missen. Der private Premiumdiesel Baujahr 2007 offenbarte im direkten Vergleich das Wesen eines landwirtschaftlichen Geräts – fürchterlich. Der Elektromotor im Prius Hybrid mischt sich völlig unauffällig ins Geschehen ein, und für die Lenkenden gibt es nichts zu tun, außer bei der bordeigenen Eco-Challenge mitzumachen, unser bester Score war 93 von 100 Punkten. Eine bewusste Ökofahrt auf der Autobahn mit konstant zehn Prozent Unterschreitung der Limits (außer Tempo 80) wurde über 200 hügelige Kilometer von Tür zu Tür mit 4,5 Litern Verbrauch quittiert. Dabei sei angemerkt, dass der Highway nicht die Königsdisziplin von Hybridfahrzeugen ist, sie spielen ihr Potenzial eher in der Stadt und dem Speckgürtel aus, dort haben wir die 5,0-Liter-Verbrauchsmarke umkreist. Für eine Annäherung an den Laborwert von 3,3 l/100 km hätten wir wahrscheinlich alle Autobahnfahrten auslassen müssen.

Prius-Fahren beginnt reichlich ausgestattet bei 29.990 Euro inklusive Sicherheitsassistenz wie Kollisionswarner, autonomen Bremssystems oder adaptiven Tempomaten. Um einen knappen Tausender mehr gibt es bereits Head-up-Display, Sitzheizung, Keyless-Go, 17-Zöller, die viel besser als die 15-Zoll-Standardbereifung zu den Proportionen des Fahrzeugs passen. Mit Lederausstattung, sattem JBL-Soundsystem, Navi und automatischer Einparkshow als Teil des VIP-Pakets hat unser Testwagen 35.660 Euro gekostet, inklusive Speziallackierung um 960 Euro.

Deren Namen wollen wir Ihnen nicht vorenthalten: Emotionalrot. Eine gute Parallele zu dem, was Toyota mit dem neuen Prius geschafft hat: Gefühl in ein Vernunftauto zu bringen und mit der Optik die Aufmerksamkeit von Menschen zu wecken, denen das Thema Hybrid bisher vielleicht egal war. Das wird ein Megaseller.

Compliance-Hinweis: Die Reisen zu Produktpräsentationen wurden von den Herstellern
unterstützt. Testfahrzeuge wurden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

(Print-Ausgabe, 06.05.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.