Ja, sie sind mit dem Elektroradl da

Eigentlich fürs Militär gedacht: Spitzenmodell des niederländischen Edelkonstrukteurs Trefecta.
Eigentlich fürs Militär gedacht: Spitzenmodell des niederländischen Edelkonstrukteurs Trefecta. Werk
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Anfangs als Seniorenräder belächelt, avancieren E-Bikes immer mehr zu Lifestyleprodukten mit Hightech und Design. Der starke Trend belebt nicht nur den Handel.

Fürs gleiche Geld würde sich ein 2er Active Tourer von BMW ausgehen. Oder ein neuer VW Tiguan. Aber es ist nur ein Fahrrad. Nur?

Das Modell DRT Off-Road des niederländischen Herstellers Trefecta markiert derzeit das Nonplusultra in Sachen E-Bike. Ein Heavy-Metal-Teil mit martialischer Optik, viel Alu und 4000Watt starkem E-Antrieb, der das 38 kg schwere Teil flugs auf 70 km/h beschleunigt. Gut 27.000Euro kostet das Vergnügen, den einen oder anderen Pkw an der Ampel stehen zu lassen. Man sollte das gute Stück nur nicht unversperrt vor dem Eisgeschäft parken.

Für das Militär entwickelt

Entstanden ist das Überdrüberbike nicht als Café-Racer, sondern für den militärischen Einsatz. „Die Idee war, für die Soldaten der holländischen Friedensmission in Afghanistan ein Fahrzeug zu stellen, mit dem sie Kontakt zur Bevölkerung aufnehmen könnten, ohne sie mit Panzerfahrzeugen einzuschüchtern“, erzählt Trefecta-Gründer Haiko Visser. Andererseits sollten sie auch bei Temperaturen bis 40 Grad halbwegs mobil bleiben. Heute sind die Trefecta-Bikes gefragte Eyecatcher bei einschlägigen Events.

Auch die Konkurrenz kommt mit kreativen Ideen, was die emotionale Aufwertung des Elektrorads angeht. Recht haben sie, denn die Österreicher lieben E-Bikes. Immer mehr. Nach 50.000 im Jahr 2014 wurden 2015 77.000 elektrisch angetriebene Räder verkauft, gut 20Prozent des gesamten Bikeabsatzes (Quelle: Wirtschaftskammer). Und es geht wohl noch mehr.

Innerhalb weniger Jahre mutierte das E-Bike von dem bei sportlichen Menschen ungeliebten Tourenrad mit seniorenfreundlichem Tiefeinstieg zum designaffinen Kultobjekt. E-Bikes erobern so ziemlich alle fahrradrelevanten Lebensbereiche, vom coolen Cityradler bis zum Hightech-MTB. Was den Verkauf vor allem beflügelt, sind die immer leistungsfähigeren Antriebssysteme. Drehmoment und Reichweite werden laufend gesteigert. Wer auf dem Markt erfolgreich sein will, muss effiziente Antriebe und leistungsfähige Akkus im Portfolio haben.

Speziell für E-Mountainbiker bietet Bosch E-Bike Systems die Performance Line CX. Das Drehmoment bewegt sich mit 75 Newtonmetern auf dem Niveau eines Kleinwagens, für steile Passagen gibt es den Turbomodus mit 300 Prozent Unterstützung.

E-Bike-Tourismus boomt

Die Kraftkur der E-Mountainbikes beflügelt nicht nur den Handel, sondern auch den Tourismus. Immer mehr Regionen erkennen die neuen Optionen, die rüstige Senioren einsame Almen und Pässe erklimmen lassen. Allein in Tirol locken mittlerweile 21 E-Bike-Hotspots. Die E-Bike-Welt Kitzbüheler Alpen-Kaisergebirge rühmt sich, mit über 1000 km Radwegen, 89Verleihpartnern und 77Akkuwechselstationen weltweit größte E-Bike-Region zu sein. In der Steiermark können sich E-Biker bei der Weinland-Steiermark-Radtourauf 400 km mit Kultur und Gastronomie vertraut machen.

Bei den E-Mountainbikes ist der Trend zu mehr Leistung und möglichst wenig Gewicht offensichtlich. Die Preisskala für die Hightechbergradln ist nach oben offen: 4000 bis 5000 Euro sind für gutes Material Standard. Technische Gustostückerln gibt's auch made in Austria. Bei Vivax Assist im Tiroler Wörgl hat man sich auf Elektroantriebe spezialisiert, die der Laie kaum erkennen kann. Da wiegt das gesamte Antriebssystem nur 1,8 kg, versteckt sich der Motor im Sattelrohr und der Akku in der Satteltasche. Das leichteste E-Mountainbike wiegt 9,9 kg und kostet inklusive Carbonrahmen 8599Euro. Gleich schwer ist die Rennradvariante um 5649Euro. Der Akku steckt in einer Fake-Trinkflasche, nur das Summen des Motors verrät den E-Biker. Beim Rennrad ist der E-Motor mit Limit 25 km/h offiziell wohl nur für alpine Straßen sinnvoll.

Das dominierende Trendthema ist freilich das Urban Bike – als Alternative zur Auto- und Busfahrt im Stau. Da geht's weniger um Reichweite und Höhenmeter als um den standesbewussten Auftritt. Die Schweizer Marke Stromer setzt mit dem Topmodell ST2, kaum noch als E-Bike erkennbar und mit knapp 9000 Euro preislich auf der Höhe eines spartanischen Kleinwagens, auf puristisches Design.

Das geht auch günstiger. Rollermulti Piaggio hat seine Interpretation eines schicken City-E-Bikes vorgestellt. Das Wi-Bike gibt es in verschiedenen Versionen mit mehr oder weniger Komfort und Design, auch als Tiefeinsteiger und mit eher konventioneller Technik zu Preisen von 3400 bis 4200 Euro. Mehr Eyecatcher dürften die Kreationen von Italjet aus der Gegend bei Bologna sein. Die Modelle sind verspielte Nostalgieobjekte mit Ledertaschen und stilvollen Details. Auch der Antrieb ist in feines Leder eingepackt. Die edlen Bikes kosten ab 3500 Euro. Allerdings sollte man bei so viel „bellezza“ noch in die Diebstahlvorsorge investieren. Das Gegenstück wäre der Macina Shopper von KTM – mit Gepäckträger vorn und hinten sowie robustem Zweibeinständer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.08.2016)

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