Ninja Turtle trifft Transformers

Design war bisher nicht Toyotas stärkste Disziplin. Der C-HR strengt sich ordentlich an, das zu ändern. Das auffallende SUV hinterlässt Eindruck auch am Lenkrad.

Selbst der größte Automobilhersteller der Welt kann bisweilen unter einem kleinen Komplex leiden. Die Quasi-Erfindung des Kompakt-SUVs mit dem munteren RAV4 von 1994 ist das One-Hit-Wonder in der sonst sehr geradlinigen Firmengeschichte. Eine Wiederholung wäre Balsam für das verbravte Image.

Allerdings sind die Nischen gut besetzt, wer eine neue erfinden will, muss schon einiges an Fantasie zusammenkratzen. C-HR ist Toyotas Code dieser Fingerübung und steht für Coupé-High Rider – womit die Zutaten auch schon benannt sind: Über einem bulligen SUV-Körper spannt sich eine flache Coupé-Linie. Etwas Schildkröten-Look, gepimpt mit wilden Schwüngen und scharfen Facetten, die in unerwarteten Kanten münden – Design abseits des Mainstream, spannend und unruhig. Die sich transformierenden Roboterautos aus dem Kino lassen grüßen.

Auch im Innenraum: Zukunftsatmosphäre, jedes Detail ist durchgestylt, dominant das große Multimediadisplay auf dem Schwung des Armaturenbretts. Das Platzangebot vorn ist nur für Sitzriesen eingeschränkt, selbst die Hinterbank bietet mehr Geräumigkeit, als von außen zu erwarten wäre.

Der C-HR will aber nicht nur als Blickfänger punkten – das erste Modell der Marke, das speziell für den europäischen Markt entwickelt wurde, hat Toyota auch auf die Eigenheiten des hiesigen Fahrstils maßgeschneidert. Die Europäer, so die Fact-Finding-Mission der Japaner, geben gern Gas und lenken lieber als zu bremsen.

Lehrstück der Ingenieure

Demnach galt der Fahrdynamik das Hauptaugenmerk. Ein Lehrstück, wie viel auf dem Gebiet mit Ingenieurleistung immer noch zu holen ist, während andere Hersteller ihre mittelmäßigen Fahrwerke mit hyperalerten Assistenzsystemen schminken. Dank einer konsequenten Absenkung des Schwerpunkts, viel Feinarbeit an Fahrwerksaufhängungen und Lenkung plus der sorgsam überarbeiteten Hinterachse aus dem Prius liefert der C-HR eine Spitzenperformance in Sachen Direktheit, Reaktion und Rückmeldung an den Fahrer.

Bei so viel Mut im Design und Investment in die Fahrdynamik hätte sich der C-HR mehr Mumm beim Antrieb verdient. Der 1,2-Liter-Turbo-Benziner wartet zwar mit vielen technischen Neuerungen auf, seine 116 PS und 185 Newtonmeter Drehmoment reichen aber nicht aus, um das ausgezeichnete Fahrwerk zu fordern. In der optionalen Kombination mit CVT-Getriebe und Allrad zehren noch zusätzlich Automatik und Gewicht an der Leistungsausbeute. Als Alternative gibt es nach Art des Hauses einen Hybrid, der aus 1,8-Liter-Benziner und E-Motor allerdings auch nur 122 PS kombinierte Systemleistung schöpft. Dazu wird die spezielle Arbeitsweise der CVT-Automatik, die vorauseilende Motordrehzahl erst gemächlich in Vortrieb umsetzt, im Hybrid deutlicher. So weit, diese eigentümliche Getriebevariante zu ersetzen, ging die Bereitschaft der Japaner zur Erfüllung europäischer Vorlieben offenkundig nicht. Über einen stärkeren Benziner denkt Toyota schon laut nach, über einen Diesel konsequenterweise nicht: Der C-HR ist ein Auto für den urbanen Bereich, in dem Selbstzünder tatsächlich nichts verloren haben. Der Einstiegstarif für den 1,2-Liter-Turbo liegt bei 22.200 Euro, für 5400 Euro mehr ist der Hybrid zu haben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2016)

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