Ein japanisches Hybridauto – aber alles andere als ein Prius

Glanzstück der Baureihe: Infiniti Q50 mit 360-PS-Hybrid-Hammer.
Glanzstück der Baureihe: Infiniti Q50 mit 360-PS-Hybrid-Hammer. (c) Juergen Skarwan
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Fahrbericht. Allrad, Automatik, V6-Motor und Elektropower – mehr als bei diesem Infiniti Q50 geht kaum. Am Ende fehlt dann aber doch etwas.

In zwei Jahren feiert Nissans Nobelableger 30-jähriges Bestehen. Bis dahin wird Infiniti höchstwahrscheinlich die Schwelle von einer Viertelmillion Autos im Jahr übersprungen haben.

Davon ist man schon jetzt nicht weit entfernt, und seit acht Jahren weiß sich die Marke stetig zu steigern. Mit weit mehr als der Hälfte des Gesamtabsatzes sind die USA der wichtigste Markt, aber China holt rasch auf.

Europa spielt eine kleinere Rolle, und speziell in Österreich darf man die Stückzahlen als handverlesen bezeichnen. Bei den Gesamtzulassungen kam man im vergangenen Jahr punktgenau zwischen Bentley und Lamborghini zum Stehen. In der Gesellschaft fühle man sich gar nicht unwohl, hörten wir aus dem Unternehmen.

Speziell die Baureihe Q50 ist dazu angetan, das Verweilen in der Exotenecke noch länger zu sichern. Limousinen sind generell kein Renner im Land, und wenn, dann sind sie den deutschen Premiummarken zugeordnet.

Doch was entgeht einem womöglich, wenn man Infiniti nicht auf der Shoppinglist hat?

Äußerlich eher wenig. Mit über 4,8 Metern Länge (Radstand: stattliche 2,85 m) haben wir es mit einem ausgewachsenen Exemplar seiner Art zu tun. Obwohl im Detail mit interessanten chrombesetzten Schwüngen da und dort ausgestattet, sticht das Gesamterscheinungsbild des Q50 im Straßenbild nicht hervor. Manche schenken dem Auto einen zweiten Blick, vermutlich, weil sie es nicht gleich einordnen können. Das mag jenen, die es auf Understatement abgesehen haben, nur recht sein.

Im Inneren hat man zunächst nicht das Gefühl, in einem sehr neuen Auto zu sitzen. Anzeigen, Display in der Mittelkonsole, Controller für das Bordsystem – alles nach alter Schule. Kein Highlight auch die Anmutung, als Charmebolzen geht der Q50 nicht durch.

Technisch ist in unserem Testexemplar dafür einiges aufgeboten. Als Topmodell ist es mit Allradantrieb, Siebengangautomatik und Hybridantrieb ausgestattet. Bei diesem spielen ein 3,5-Liter-V6 und ein 270-Nm-Elektromotor zusammen – nicht unbedingt zum Zweck rekordhaft niedriger Verbräuche (im Test: an die neun Liter), sondern zuvorderst für den sportlichen Antritt. Mit einer Systemleistung von max. 364 PS (Drehmoment max. 546 Nm) kann man sich ausrechnen, dass es flott zur Sache geht – für von null auf 100 werden 5,4 Sekunden veranschlagt. Wichtiger als die Performance auf der Viertelmeile ist allerdings die Mühe- und teilweise Lautlosigkeit, mit der das Auto jederzeit einen Satz nach vorn macht, sei es rein elektrisch oder im Duettbetrieb. Und was man vom V6 hört, klingt verlockend: ein kräftiger, schöner Saugmotor.

Um allerdings M- oder AMG-Modellen von BMW respektive Mercedes Konkurrenz zu machen, fehlt das Sportliche am Fahrwerk. Das hohe Fahrzeuggewicht in der Nähe der zwei Tonnen wird bei Kurvenfahrt kaum kaschiert.

In höchster Ausstattung kommen 67.750 Euro Listenpreis zusammen. Dass man den Kofferraumdeckel, der nur wenig Laderaum freigibt, dennoch eigenhändig zuknallen muss, hat uns am meisten verdrossen. (tiv)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2018)

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