IS-Sympathisant stellte sich nach Syrien-Aufenthalt den Behörden. Mohammed Mahmoud, sagte er dem Staatsschutz, spiele eine bedeutende Rolle in der Organisation.
Wien. Zwei Tage lang stellten die Beamten des Verfassungsschutzes dem schmalen 16-Jährigen ihre Fragen. Zu hören bekamen sie Geschichten, die allen Klischees entsprechen, mit denen man die Organisation des sogenannten Islamischen Staats (IS) in Syrien und im Irak verbindet. Oliver N. erzählte von der Kalaschnikow, die er nach seiner Ankunft sozusagen zur Begrüßung überreicht bekam, er berichtete von der Herrschaft der Angst, von Luftschlägen der westlichen Allianz gegen den IS und von toten und verstümmelten Jihadisten, die er – ohne Führerschein – als Fahrer vom Schlachtfeld nahe der Stadt Kobane holte.
Seit Dienstag ist der konvertierte Teenager wieder in Österreich. Von Istanbul aus hatte er zuvor die heimischen Sicherheitsbehörden über seine Heimkehr informiert. Bemerkenswert daran ist, dass die türkischen Behörden einen mit internationalem Haftbefehl gesuchten Jihadisten gegen Bezahlung einer kleinen Geldsumme ohne weitere Formalitäten ausreisen ließen. Auf dem Flughafen in Schwechat nahm ihn anschließend der Verfassungsschutz in Empfang.
N.s Läuterung geschah offenbar nicht ganz freiwillig. Bei einem Bombenangriff im Herbst wurde er schwer verletzt, Ärzte entfernten ihm anschließend die Milz, eine Niere sowie die Hälfte der Lunge. In der IS-„Hauptstadt“ Raqqa erhielt er die Erlaubnis, sich in der Türkei weiterbehandeln lassen zu dürfen. Diese Gelegenheit nutzte er schließlich zur Flucht, er nahm Kontakt zur österreichischen Botschaft und zu seinem Vater in Österreich auf. Dieser wiederum engagierte seinem Sohn mit Werner Tomanek einen Anwalt. Ihn braucht er jetzt auch. Die Staatsanwaltschaft Wien wirft N. nämlich Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. „N. ist geständig und will voll kooperieren“, sagt Tomanek. Dem Verfassungsschutz erzählte er unter anderem von jener Gruppe von Afghanen, die ihn in Wien im Schnellverfahren angeworben hatte. Und er berichtete davon, dass der hierzulande als Austroislamist bekannt gewordene Mohammed Mahmoud im IS eine „bedeutende Rolle“ innehabe.
Die Terrorgefahr ist auch Thema einer Konferenz, die Außen- und Innenministerium heute, Freitag, in Wien veranstalten. Zum Treffen werden Minister aus mehreren Balkanstaaten erwartet. Im Vorfeld zirkulierte ein Papier einer österreichischen Sicherheitsbehörde, in dem davor gewarnt wird, dass der Balkan in einer „Art totem Winkel in der Bekämpfung von Radikalisierung“ liege. Der Bericht warnt vor Salafistendörfern wie Gornja Maoča in Bosnien. Sie seien so wie der Sandžak in Serbien „Nährböden islamistischer Entwicklungen“.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2015)