Die Äthiopierin Shuko Genemo lieferte mit der Siegerzeit von 2:24:31 Stunden das Highlight der 33. Auflage, Robert Chemosin gewann das Herrenrennen. Valentin Pfeil verpasste das Olympia-Limit.
Es war ein Bild seltener Eintracht, auch die Organisatoren des Vienna-City-Marathons haben dazugelernt. War es früher unter Fotografen nicht vollkommen unüblich, sich beim Zieleinlauf kurzerhand mit Hand, Ellbogen und Fuß in Szene zu setzen im Duell um den besten Platz, sorgt neuerdings ein breites Absperrband mit schweren Ständern für klare Positionen. Und als am Sonntag die erst 20-jährige Äthiopierin Shuko Genemo in 2:24:31 Stunden mit der zweitbesten Frauen-Zeit in Wien ins Ziel lief, klickten geradezu unaufgeregt die Gerätschaften.
Auch beim Kenianer Robert Chemosin, der in 2:09:48 Stunden zum Sieg gelaufen war, blieb die Aufgeregtheit aus. Kein hektischer Manager, auch Organisator Wolfgang Konrad ließ sich die Laune nicht verderben, weil Rekorde ausblieben oder Valentin Pfeil – als 13. und schnellster Österreicher – das Olympia-Limit in 2:16:37 deutlich verpasst hatte. Schön früh war klar gewesen, dass Topzeiten ausfallen würden, weil der Wind zu stark und damit mitunter die Temperatur zu kühl ausgefallen war.„Es war ein Tag, an dem viele Träume weggeblasen wurden. Es war kalt. Es gibt Läufer, die Limits erreicht haben, aber viele sind auch auf der Strecke geblieben“, fasste es Athletenkoordinator Mark Milde besonnen zusammen. „Wir haben ein spannendes Rennen gesehen. Wenn die Bedingungen so schlecht sind, wird es irgendwann taktisch, dann denkt ein Läufer eher an den Sieg und das Preisgeld und nicht mehr an die Zeit.“
Die Tränen des Debütanten
Die 33. Auflage des Laufklassikers wurde unter dem Hauptaugenmerk der Emotionen vermarktet, und wer schließlich die Tränen des 27-jährigen Steyrers Valentin Pfeil sah, wusste genau, wie sehr ihn diese Zeit schmerzte. Lang hatte der Debütant – er bestritt in Wien seinen ersten Marathon im Renntempo – Kurs gehalten, sich das Rennen ja schließlich auch genau eingeteilt. Doch schon die Halbdistanz hatte ihm an diesem Tag seine Grenzen aufgezeigt, er lag bei 1:07 Stunden noch im Limitbereich. Doch man wusste, er würde es über 42,195 Kilometer nicht durchhalten. Er war schließlich um 2:37 Minuten zu langsam, hatte sich aber trotzdem bis ins Ziel um eine passable Zeit bemüht. Dabei wusste er ab Kilometer 35, dass der Traum von Olympia in Rio de Janeiro (ab 5. August) endgültig geplatzt war.
Der angehende Veterinärmediziner zitterte im Zielraum, er weinte. „Ich bin dankbar für alles, was ich auf der Strecke miterleben durfte.“ Konrad umarmte ihn, hielt ihn fest. Die Enttäuschung zu verarbeiten und noch stärker zurückzukommen, das zeichne Athleten aus. Und Pfeil, sagt Konrad, wird definitiv zurückkommen.
Die Sommerspiele wären ein großer Anreiz gewesen, doch was soll die Äthiopierin Genemo dann erst dazu sagen? Sie lief eine tolle Zeit, scheiterte aber bei nur acht Grad an der Vorgabe, den Streckenrekord der Italienerin Maura Viceconte von 2:23:47 Stunden zu unterbieten. Sie habe nun sechs Marathons bestritten, und sei trotzdem noch nicht bereit für Olympia. Dazu fehle das Limit (2:20 Stunden), auch gibt es in ihrer Heimat weitaus mehr (und noch schnellere) Konkurrenz. Beste Österreicherin wurde Karin Freitag als 13. in 2:43:25 Stunden.
Kemboi scheitert in Rotterdam
Der Kenianer Marius Kipserem hat den Äthiopiern Assen Tsegaye Kebede und Ayele Abshero beim Rotterdam-Marathon die Show gestohlen und gewann in 2:06:11 Stunden. Der gebürtige Kenianer, mit einer Kärntnerin verheiratete Edwin Kemboi verpasste als 13. in 2:15:47 Stunden die Olympia-Norm um 1:47 Minuten.
Damit bleibt Andrea Mayr weiterhin die Einzige, die das ÖOC-Ticket im Marathon fix in der Tasche hat. ÖLV-Sportdirektor Hannes Gruber hofft noch auf einen Herrenstarter. Am 17. April versucht der im Dezember eingebürgerte Äthiopier Lemawork Ketema in Hamburg sein Glück.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2016)