Wien will Baulandwidmungen in Zukunft befristen

Wohnbau. Um Spekulationen mit potenziellen Wohnbaustandorten zu vermeiden, sollen Widmungen als Bauland in Zukunft nur mehr für begrenzte Zeit erteilt werden. Auch über eine „Solarverpflichtung“ für Bauherren wird diskutiert.

Wien/Stu. Neubauten in Wien müssen seit Jahresbeginn deutlich ökologischer und umweltfreundlicher werden (siehe oben). Während diese neue Novelle der Bauordnung gerade in Kraft getreten ist, steht bereits die nächste Novelle vor der Tür. Und sie soll ein großer Wurf werden. Es geht darum, billigere Mieten in Wien zu erreichen und die Bauordnung zu entrümpeln (damit Wohnungen einfacher und unbürokratischer gebaut werden können).

Festgeschrieben wird die „Widmungskategorie förderbarer Wohnbau“. Das bedeutet in der Praxis, dass Grundstücke in Wien für den förderbaren Wohnbau (Genossenschaftswohnungen etc.) per Beschluss im Gemeinderat reserviert werden. Es werden also per Widmung Rahmenbedingungen vorgeschrieben, damit sozialer Wohnbau möglich ist. De facto heißt das: Ein privater Investor kann auf den betreffenden Grundstücken keine Luxuswohnungen oder (finanziell lukrative) frei finanzierte Wohnungen errichten, weil die Stadt dem einen Riegel vorschiebt.

Gleichzeitig wird versucht, Grundstücksspekulationen präventiv zu verhindern – (Bau-)Widmungen sollen nur mehr befristet gelten. Denn bisher gab es immer denselben Effekt: Sobald es Gerüchte gab, dass ein Acker bzw. eine Grünfläche umgewidmet wird, um städtische Wohnungen zu errichten, stiegen die Grundstückspreise in astronomische Höhen. Die Eigentümer pokerten dann mit der Stadt und drohten: Wenn Wien das Bauland nicht teuer kauft, werde man das (durch die neue Widmung) aufgewertete Grundstück irgendwann an einen Privaten verkaufen – denn man habe ja bereits die unbefristete (Bau-)Widmung in der Tasche. Dadurch waren (für die Stadt) wichtige Grundstücke jahrelang blockiert bzw. die Stadt wertete zwar das Grundstück durch die Umwidmung auf, konnte allerdings nicht bauen, weil der Eigentümer zu hohe Preise verlangte.

Rückwidmung in Ackerland

Nun soll es eine Befristung der Widmung geben – mit dem Hintergedanken: Wenn der Besitzer eines Ackers spekuliert und trotz Umwidmung nicht an die Stadt (für den sozialen Wohnbau) verkauft, soll das Bauland wieder in Ackerland zurückgewidmet werden. Eigentümer werden dadurch motiviert, ihr Grundstück an die Stadt zu verkaufen, da sie sonst (durch die Rückwidmung) auf ihrem Grundstück sitzen bleiben.

Die Novelle soll Ende des Jahres in Kraft treten. Ob der Zeitplan hält, ist aber noch offen. Denn SPÖ und Grüne diskutieren noch heftig über eine Solarverpflichtung. Konkret fordern die Grünen, dass Solaranlagen bei allen Neubauten verpflichtend vorgeschrieben werden – als Teil ihres politischen Leitprojektes, also der Energiewende (Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern). Die Vision: Das Haus der Zukunft produziert selbst Energie bzw. wird fast energieneutral. Eigentlich wollten die Grünen die Solarpflicht bereits bei der jüngsten Novelle durchsetzen. Sie scheiterten aber am Veto von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig.

Dieser befürchtete dadurch steigende Baukosten und somit teurere Mieten im geförderten Wohnbau. Eine generelle Solarverpflichtung werde es deshalb auch nicht in dieser Novelle geben, lässt er den Grünen ausrichten. Als Trostpflaster für die Grünen sollen mehr ökologische Standards im Wiener Wohnbau festgeschrieben werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.04.2013)

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