Recycling: Der Kampf gegen den Müllberg 2.0

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M�llentsorgung Betriebshof ELW Wiesbaden Bild x von 19 Nachtrag Wiesbaden 18 04 2011 M�llentso(c) imago/Michael Schick (imago stock&people)
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Die EU-Kommission stellt heute ihre Pläne für eine Kreislaufwirtschaft vor. Der Ansatz ist breiter als im ersten zurückgezogenen Vorstoß, doch die Ziele wurden aufgeweicht.

Wien/Brüssel. 213 Millionen Tonnen Müll im Jahr produziert die gesamte EU. Eine gewaltige Masse an Material, das bisher zu einem großen Teil ungenutzt auf Deponien, in Verbrennungsanlagen oder im Meer landet. Um den Kampf gegen diesen Müllberg aufzunehmen, wird die EU-Kommission heute, Mittwoch, Vorschläge für eine Kreislaufwirtschaft vorlegen. Ziel ist es, Ressourcen effizienter zu nutzen, indem von der Herstellung bis zur Entsorgung auf eine mögliche Wiederverwertbarkeit geachtet wird.

Der Ansatz ist logisch, könnte die EU doch über eine verbesserte Nutzung von Ressourcen gleich mehrfach gewinnen: Zum Ersten durch eine geringere Abhängigkeit von internationalen Zulieferern, zum Zweiten durch günstigere Preise für Rohmaterial und zum Dritten durch eine geringere Umweltbelastung. Laut Berechnungen der EU-Kommission könnte eine effiziente Kreislaufwirtschaft Einsparungen von bis zu 600 Milliarden Euro pro Jahr bringen.

Nachdem ein erster Vorschlag der Barroso-Kommission von der neuen Kommission zurückgezogen worden war, wurde heftige Kritik laut. Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, versprach daraufhin in einer Rede vor dem Europaparlament eine noch ambitioniertere Vorlage. Statt nur Recyclingziele festzulegen, sollte der gesamte Kreislauf von Produkten neu geregelt werden, kündigte er an. Ein erster Blick auf die Vorschläge zeigt, dass dieser neue, breitere Ansatz allerdings auf Kosten aufgeweichter Ziele geht. Der Internetdienst EurActiv hat Teile der Vorschläge bereits veröffentlicht. Demnach soll das Ziel einer Recyclingquote von ehemals 70 Prozent bis 2030 auf nur noch 65 Prozent reduziert werden. Statt des Zieles, die Deponie von recyclingfähigem Material gänzlich zu verbieten, sieht der neue Vorschlag vor, dass weiterhin zehn Prozent auf Müllhalden wandern dürfen. Außerdem soll es für jene Länder, die derzeit sehr wenig Müll recyceln wie Griechenland, Rumänien oder die Slowakei eine längere Frist zur Erreichung der Ziele geben.

(C) Istock/ DiePresse

Österreich ist mit einer Recyclingquote von rund 58 Prozent bei kommunalen Abfällen schon jetzt einer der Spitzenreiter in der EU. Es dürfte also von solchen Sonderregeln nicht profitieren. Im Umweltministerium von Andrä Rupprechter wird denn auch befürchtet, dass die neuen Vorschläge generell nicht mehr so ambitioniert sein könnten wie die zurückgezogenen der alten Kommission. Eine Bewertung will der Minister aber erst heute, Mittwoch, vornehmen, wenn die Vorschläge offiziell auf dem Tisch liegen.Wie bereits bekannt ist, wird der neue Plan mehr Branchen betreffen. Er zielt darauf ab, alle Waren länger haltbar und reparaturfähiger zu machen. Zu diesem Zweck soll die Öko-Design-Richtlinie, die bisher auf die Energieeffizienz von Produkten abzielt, auf die Ressourceneffizienz erweitert werden. Betroffen sind nicht nur Hersteller von Konsumprodukten, sondern auch die Bauwirtschaft, der Bergbau oder die Wasserwirtschaft.

Wenige Regeln, viele Anreize

Eigentlich war auch geplant, konkrete Ziele für die Reduzierung von Lebensmittelmüll festzulegen. Der alte Vorschlag hatte eine Reduzierung um ein Drittel vorgesehen. Im neuen Vorschlag ist laut EurActiv kein konkretes Ziel mehr enthalten.

Insgesamt, so heißt es aus Brüssel, wird versucht, die Ziele ohne eine Flut neuer Regeln zu erreichen. Es soll stattdessen Anreize geben – etwa durch einen erleichterten Zugang zu EU-Fördermitteln für Unternehmen, die ihre Produktion umstellen oder die Projekte zur Ressourceneffizienz verwirklichen wollen.

Enttäuscht ist die grüne Fraktion im Europaparlament. In einem Brief an Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker und Vizepräsidenten Timmermans verweisen die beiden Ko-Vorsitzenden Rebecca Harms und Philippe Lamberts auf die aufgeweichten Ziele. Sie kritisieren, dass die Recyclingziele zudem eine Toleranzschwelle von zehn Prozent enthalten sollen, wodurch sie noch weniger ambitioniert wären. Irritiert sind die Grünen auch darüber, dass der Verbrennung von Abfällen kein Riegel vorgeschoben wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.12.2015)

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