Wärme in den Winter retten

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Wie man gespeicherte Sonnenwärme nutzen kann, berechnen Forscher der TU Wien, der Geologischen Bundesanstalt und Schüler der HTL Wr. Neustadt.

Jetzt schicke ich euch die Sonnenstrahlen. Fühlt ihr, wie warm sie sind?“, sagt Frederick, die Maus, im Kinderbuch von Leo Lionni.

Die träumerische Maus hat im Sommer Sonnenstrahlen „gesammelt“ und wärmt im Winter durch die Erzählung von der Sonne die Mäusefreunde. Auch im echten Leben tüfteln Forscher, wie man Wärme, die im Sommer reichlich vorhanden ist, in den Winter transportieren kann. „Geothermische Speicher“ sind eine Hoffnung, um Sonnenwärme aus dem Sommer als Heizwärme im Winter zu nutzen. Die „Energy Economics Group“ der TU Wien untersucht gemeinsam mit der Geologischen Bundesanstalt verschiedene Modelle, wie die Wärmespeicherung im Untergrund funktionieren könnte. Seit über einem Jahr arbeiten auch Schüler der HTL Wr. Neustadt mit (gefördert vom Sparkling-Science-Programm des BMWF). „Zu Beginn des Geosol-Projekts fragten wir die 17- bis 19-jährigen Schüler, was sie werden wollen. Viele wussten nicht, ob sie studieren möchten oder in welche Fachrichtung es gehen sollte“, erzählt Peter Biermayr, TU Wien. Aber im Zuge des Projekts sind einige auf den Geschmack gekommen und haben die Zukunftschancen dieser Technologien und Forschungen erkannt.

Ein an erneuerbaren Energien interessierter HTL-Lehrer hat zudem zur Motivation der Schüler beigetragen. Ihre Arbeit war (nachdem sie über solarthermische Anlagen, Berechnungen der Heizlast und des Wärmebedarfs von Gebäuden etc. informiert wurden), geeignete Fallstudien auszuwählen. Im Umkreis von Wr. Neustadt fanden sich schnell fünf Ortschaften, in denen die geologische und die Gebäudesituation die Planung eines „Mikrowärmenetzes“ ermöglichten. Dann wurde am Computer simuliert, ob und wie der Einsatz von Solarkollektoren am Dach und von Wärmespeicherung im Untergrund für den ausgewählten Gebäudekomplex machbar wären. „Die Energiebilanz wurde errechnet ebenso wie die Sanierungsmaßnahmen, die für eine ausgeglichene Energiebilanz notwendig wären“, so Biermayr. Vorzeigeprojekte für Wärmespeicherung im Boden stehen z.B. in Deutschland und Skandinavien, die aber meist Wasser als Speichermasse verwenden. Manch Schüler dachte dabei vielleicht an den Witz, in dem jemand nach dem Wasserkochen das übrig gebliebene Wasser einfrieren will: „Weil heißes Wasser kann man immer brauchen.“

Im aktuellen Projekt wurde eine bessere Aufklärung zur Wärmespeicherung geliefert: In den Berechnungen erfolgte die Speicherung mit Sonden im Untergrund, wie man sie von konventionellen Wärmepumpen kennt. „Horizontale Kollektoren, also oberflächennahe Schlauchsysteme, eignen sich nicht zur saisonalen Speicherung, da geht zu viel Wärme an die Oberfläche verloren“, sagt Biermayr. Also wurde mit vertikalen Sonden gerechnet, die bis zu 120 Meter in den Boden gebohrt werden. Einzelne solcher Sonden erreichen keine gewünschten Wirkungsgrade: „Da läuft die Wärme im Winter ins Erdreich davon.“

Das Team konnte jedoch zeigen, dass Sondenfelder, bei denen um eine zentrale Sonde mindestens drei weitere angeordnet sind, eine gute Wärmespeicherung bis in den Winter liefern: „Die drei Sonden können die Wärmewelle der zentralen Sonde einfangen.“ Freilich ist die Anschaffung eines solchen Wärmespeichers eine Kostenfrage: Daher ist der hier gezeigte Fall für Situationen sinnvoll, in denen die große gespeicherte Wärme der vier Sonden wirklich genutzt oder weiterverkauft werden kann. Für diese Form der Wärmespeicherung braucht man sanierte oder neue Gebäude, die mit einem Niedertemperatur-Wärmeverteilsystem, also z.B. einer Fußbodenheizung, ausgestattet sind. „Einen gewissen Anteil an Gebäuden in Österreich könnten wir mit dem hier berechneten System – mit einer Lebensdauer von 20 Jahren aufwärts – gut bedienen“, ist sich Biermayr sicher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.03.2012)

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