Neuer Haartest statt alter Urinprobe: Streit um Pilotprojekt bei Drogenverdacht

Proteste. Innenministerin Mikl-Leitner will neue Formen der Drogenkontrolle testen.

Wien/Red./Apa. Über Jahre galt für die Polizei bei Verdacht auf Drogenkonsum der Urintest als das Nonplusultra. Doch in Hinkunft könnte es auch reichen, bei der Kontrolle ein paar Haare abzugeben. Denn Innenministerin Johanna Mikl-Leitner präferiert den Haartest bei Drogenverdacht – und entgegen harschen Protesten will sie diesen Plan auch durchziehen.

Derzeit bereiten Experten ein Pilotprojekt mit Haartests vor, das im Frühjahr in drei Bundesländern durchgeführt werden soll. Die Testphase soll bis Jahresende laufen, dann wird evaluiert und schließlich endgültig entschieden.

Der Konsum von Drogen lässt sich in Haaren, Urin, Blut und auch Schweiß nachweisen. Allerdings ist er in Urinproben im Allgemeinen nicht länger als eine Woche nachweisbar. Dies ist einer der Gründe, warum die Innenministerin so auf das Pilotprojekt beharrt und die Aufregung um die von ihr angekündigten Pilotprojekte für den Nachweis von Drogenkonsum nicht ganz versteht.

Es gehe schließlich um die Frühintervention sowie um die Verkehrssicherheit, sagte sie in einem Interview mit der APA. Außerdem würden Harnanalysen wesentlich mehr Unschärfen zeigen und viele Drogenpräparate nicht messen. Haartests hingegen wären wesentlich präziser und würden auch weniger in die Grundrechte eines Menschen eingreifen, begründete Mikl-Leitner diese Woche ihr Vorhaben.

Mikl: Es geht nicht ums Vernadern

Die Haaranalyse bei Drogenverdacht solle nicht nur bei Jugendlichen durchgeführt werden, fordert die Ministerin, denn Alkohol und Drogen würden quer durch die Generationen konsumiert: „Es geht in keinster Weise ums Vernadern, sondern darum, Drogenkranken rechtzeitig zu helfen, und zweitens, Maßnahmen zu setzen für mehr Verkehrssicherheit.“

Mikl-Leitner verlässt sich bei dem neuen Haartest auf den ehemaligen Chefarzt der Wiener Polizei, Reinhard Fous. Er ist einer der „Väter“ des Alkomaten und hat den neuen Haartest mitentwickelt.

Am Pilotprojekt gibt es allerdings auch heftige Kritik. So hat sich etwa SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim skeptisch geäußert, dass Haartests einwandfreie Ergebnisse liefern – zudem sprach er sich gegen einen „Generalverdacht“ gegen Jugendliche aus.

Für die Kritiker ist der neue Test nur teuer und nicht ausgereift. So könnten Labors zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen; auch die Haarfarbe könne mitspielen. Drogen würden in blonden Haaren weniger abgelagert als in dunklen. Selbst Mikls Parteikollege, Gesundheitssprecher Erwin Rasinger, ist dagegen. Gesundheitsminister Alois Stöger beharrt auch auf den bisherigen Methoden. Es gebe keinen Grund, von der bewährten Strategie gegen Sucht abzugehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2013)

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