Das Hochwasser 2013 ist der erste große Auftritt mobiler Schutzsysteme. Ihre Anschaffung war teuer.
Die Bilder gehen derzeit durch Zeitungen, Internetdienste und das Fernsehen: Da stehen filigran anmutende Wandsysteme entlang von Straßen oder Promenaden, die einen reißenden Fluss davon abhalten, das (noch) trockene Hinterland zu überfluten. Auch wenn diese Systeme an einzelnen Orten schon länger im Einsatz sind: Das Hochwasser 2013 ist der große Auftritt mobiler Schutzsysteme.
Zu tun hat das vor allem damit, dass Bund, Länder und Gemeinden seit dem Hochwasser von 2002 in gerade diese Technik viel Geld investiert haben. Insgesamt wurden seither 17 Kilometer mobile Wandsysteme angeschafft. Einige weitere Projekte sind noch in Planung. Etwa im niederösterreichischen Melk, das derzeit teilweise unter Wasser steht, weil sich der Baubeginn des Hochwasserschutzes verzögert hat.
Mobile Schutzmauern kommen hauptsächlich dort zum Einsatz, wo die bestehende Verbauung die Errichtung großer Dämme nicht zulässt. Neben dem Platz spielt jedoch auch die Erhaltung des Ortsbildes eine entscheidende Rolle. Etwa in der Wachau, die den Titel Unesco-Weltkulturerbe trägt. Eine Auszeichnung, die sich mit unansehnlichen Wall- oder Mauerbauten am Donauufer nicht vertragen hätte.
Aufbau braucht Vorwarnsysteme
Die größte derartige Anlage in Österreich steht ebendort, und zwar in Weißenkirchen. Die mobile Mauer schützt den Ort auf einer Länge von mehr als drei Kilometern. Bei Hochwasseralarm werden massive Metallsteher im vorbereiteten Betonfundament verankert. In die U-Profile der Steher kommen dann die sogenannten Dammbalken. Das sind mit Dichtungen versehene Aluminiumplatten, die im Verbund eine nahezu vollständig wasserdichte Fläche ergeben.
Der größte Vorteil von Mobilsystemen ist gleichzeitig ein Nachteil: Sie müssen jedes Mal neu aufgebaut werden, was bedeutet, dass ein mobiler Hochwasserschutz nur hilft, wenn die Vorwarnzeit lang genug ist. Denn die ausgeklügelte Logistik dahinter kostet Zeit. Im Idealfall ein paar Stunden, bei weniger Einsatzkräften aber bis zu zwei Tage. „Aus diesem Grund haben Dammbalken auch nur entlang großer Flüsse Sinn, für die es präzise Prognosemodelle gibt“, sagt Techniker Stefan Scheuringer von der Via Donau.
Hohe Kosten
Hersteller solcher Dammbalkensysteme gibt es viele. Einige in Deutschland, einige in Österreich. Die Höhe der Wandsysteme kann bis zu vier Meter reichen. Dabei summieren sich die Kosten. Ein Laufmeter mit Dammbalken kommt – je nach Höhe – auf 1500 bis 2000 Euro. Hinzu kommen jedoch tiefe und massive Fundamente, Drainagen und Erdarbeiten. Das Projekt Weißenkirchen kostete am Ende 27 Mio. Euro – das entspricht 9000Euro pro Laufmeter.
Laut Mario Stegmüller, Geschäftsführer des Zentrums für Hochwasserschutz in Graz, ist man in Österreich jedoch etwas zu sehr auf Dammbalkensysteme fixiert. Es gebe eine Reihe von Alternativen. Etwa große, mit Wasser gefüllte Schläuche oder mobile und wasserdichte Zaunsysteme, wie sie etwa in Skandinavien oft zum Einsatz kommen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2013)