Vogelgrippe-Alarm auf dem Wiener Flughafen

APA/BMF
  • Drucken

Ein Ehepaar versuchte 60 exotische Vögel ins Land zu schmuggeln. Mindestens eines der Tiere war mit dem Vogelgrippevirus H5N1 infiziert. Doch die Behörden beruhigen: Es bestehe keine Ansteckungsgefahr.

Wien. Die Hunde haben sie gerochen. Als ein tschechisches Ehepaar vergangenen Donnerstag um 13.45 Uhr am Flughafen Wien-Schwechat durch den Zoll gehen wollte, haben die zwei Spürhunde sofort angeschlagen.

Die Beamten machten daraufhin einen ungewöhnlichen Fund. Rund 60 exotische Vögel waren in die zwei Reisekoffer gepfercht. Nur noch 23 der Tiere lebend, 37 waren bereits tot. Die toten Tiere wurden zur Obduktion zum Ages-Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen nach Mödling gebracht. Die lebenden Tiere kamen in Quarantäne in den Tiergarten Schönbrunn. Alles reine Routine, so wird das immer gehandhabt, wenn Schmuggeltiere in Österreich auftauchen.

Montagabend trat in der Sache allerdings eine Wende ein. Bei mindestens einem der toten Vögel – es handelte sich um Paradiesvögel, Beos, Amadinen und Borstenkopfpapageien – wurde der Vogelgrippevirus H5N1 festgestellt.

Das Virus ist tödlich für die Vögel, ebenso für Menschen. Allerdings wird es nicht leicht von Tier auf Mensch übertragen. Von Mensch auf Mensch konnte H5N1 bisher gar nicht übertragen werden (siehe unten).

APA/BMF

Besonders aggressiver Stamm

Bei dem gefundenen Virus handelt es sich nun aber um einen besonders aggressiven H5N1-Stamm. „Dieser H5N1-Stamm ist erstmals in Europa aufgetreten“, sagt Pamela Rendi-Wagner, Sektionschefin der Abteilung öffentliche Gesundheit im Gesundheitsministeirum. Sie könne daher nicht zu 100 Prozent ausschließen, dass auch eine Übertragung von Mensch auf Mensch möglich sei. Die Gefahr halte sie aber für „sehr gering“.

Jene acht Personen, die direkten Kontakt mit den Vögeln hatten, werden derzeit jedenfalls vorsichtshalber mit dem Grippe-Medikament Tamiflu behandelt. Weiters sollen sie in den nächsten zehn Tagen mindestens zweimal am Tag Fieber messen und auf Grippesymptome achten.

Betroffen sind der Grenztierarzt, die Zollbeamten sowie Tierpfleger in Schönbrunn. Erkrankt sei bisher niemand. „Was ein gutes Zeichen ist, die durchschnittliche Inkubationszeit dauert nämlich fünf Tage“, sagt Rendi-Wagner. Und die seien mittlerweile verstrichen. Ein Glück für die Betroffenen, denn die Ages konnte erst fünf Tage nach dem Aufgreifen der Tiere die Vogelgrippe nachweisen. Rendi-Wagner erklärt das mit den aufwendigen Tests, die für die Bestimmung der Vogelgrippe gemacht werden mussten. Auch der Grenztierarzt hätte die Krankheit der Tiere nicht feststellen können. „Es gab keinen Verdacht.“ Die meisten Tiere seien an den Transportbedingungen verendet und nicht an der Vogelgrippe.

Die überlebenden Vögel in Schönbrunn wurden mittlerweile zur Sicherheit getötet. Auch sie werden noch auf den H5N1-Virus getestet. Die Tiere haben sich die ganze Zeit in Quarantäne befunden, weswegen das Virus sich auch in Schönbrunn nicht verbreitet haben sollte.

Das tschechische Ehepaar hatte die Tiere von Bali aus über Doha/Katar nach Wien geschmuggelt. Bei der Zollkontrolle gaben sie an, die Tiere einer Freundin in Tschechien mitnehmen zu wollen.

Das Ehepaar – das auch in Tschechien wohnt – wurde noch am Donnerstag wegen Verstößen gegen den Artenschutz, das Tiertransportgesetz und das Tierseuchengesetz angezeigt. Damals war noch nicht klar, dass ein Tier mit der Vogelgrippe infiziert war. Mittlerweile, heißt es aus dem Gesundheitsministerium, wurden auch die tschechischen Behörden informiert. Ob die Tschechen an der Vogelgrippe erkrankt sind, wusste das Gesundheitsministerium nicht. Es sei Aufgabe der tschechischen Behörden, die beiden zu finden.

Chronologie

2003: erstes Auftreten der Vogelgrippe in asiatischen Geflügelbeständen.

12.2.2006: erstes Auftreten des Virus in Österreich. Zwei Schwäne in der Steiermark werden positiv getestet. Eine Schutzzone wird eingerichtet, die Überwachungszone ausgeweitet.

18.2.2006: erster Fall in Wien. Ein Schwan an der Alten Donau ist mit H5N1 infiziert.

19. 2. 2006: Stallpflicht für ganz Österreich.

6.3.2006: Bei drei Katzen im Grazer Tierheim wird das Virus nachgewiesen.

31.5.2006: Bis Ende Mai wurden 124 Fälle von H5N1 und ein Fall von H5 nachgewiesen. Betroffen waren Wien, Steiermark, Vorarlberg, Nieder- und Oberösterreich.

1.6.2006: Die Stallpflicht wird endgültig aufgehoben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.06.2013)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Mensch bringt Virus H5N1
Wissenschaft

H5N1: Der Mensch bringt das Virus

Das jetzt gefundene Virus H5N1 ist das gleiche, das 2005 Pandemie-Sorgen bereitete. Damals zeigte sich, dass menschliche Aktivitäten die Viren verbreiten.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.