Justizministerin Karl: „Es sind Fehler passiert"

Ein Bild aus der Justizvollzugsanstalt Josefstadt - der 14-Jährige wurde entlassen, weil bei ihm
Ein Bild aus der Justizvollzugsanstalt Josefstadt - der 14-Jährige wurde entlassen, weil bei ihm "verzögerte Reife" diagnostiziert worden ist.(c) Presse (Bruckberger)
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Einsichtig zeigte sich am Freitag Justizministerin Beatrix Karl in der Causa um das 14-jährige Sexopfer. Sie sucht Auswege und kritisiert das Gericht.

Wien. Im Fall des 14-Jährigen, der Anfang Mai in der Justizanstalt Wien-Josefstadt von drei 17-jährigen Mitgefangenen in U-Haft vergewaltigt wurde, ist ÖVP-Justizministerin Beatrix Karl um Schadensbegrenzung bemüht: Bei einer am Freitag kurzfristig einberufenen Pressekonferenz entschuldigte sie sich erneut für den Vorfall: „Das tut mir wirklich sehr leid." Schon am Vortag hatte sie unter wachsendem öffentlichen Druck dem Opfer einen Entschuldigungsbrief geschrieben. Sie werde nun eine „Task Force Jugend-U-Haft" einrichten, versprach Karl.

Demnach sollten Experten (Jugendrichter, Bewährungshelfer etc.) Alternativen zur U-Haft ausarbeiten. Zuletzt wurden Modelle erprobt, bei denen Jugendliche in betreuten Wohngemeinschaften - gesichert mit Fußfesseln - angehalten werden. Es fehle aber noch an tauglichen Betreuungskonzepten, so Strafrechtssektionschef Christian Pilnacek. Denn: „Die Fußfessel allein ist ja noch kein Betreuungskonzept." Derzeit halten sich im Josefstädter Gefangenenhaus (aktueller Gesamtbelag: ca. 1170 Insassen) 26 jugendliche Häftlinge (14- bis 18-Jährige), davon sechs Mädchen, auf.

Neues Gefängnis: Standort „ab Herbst" fix

Karl kündigte zudem erneut den Bau eines neuen Gefängnisses für 600 bis 700 Personen im Großraum Wien an. Der genaue Standort werde „im Herbst" festgelegt. Zudem werde sie von SPÖ-Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hossek mehr Personal für die Justizwache fordern.

Indes wird auch das Bild des 14-Jährigen, dessen Schicksal die Debatte ausgelöst hat, klarer: Entgegen bisherigen Auskünften ist sein Strafverfahren nicht eingestellt worden. Ein psychiatrisches Gutachten bescheinigt ihm „mangelnde Reife". Daher ist er am 10. Juni aus der U-Haft entlassen worden. Sein Verfahren läuft aber eben noch. Ende Juli soll er mit zwei mutmaßlichen Komplizen wegen versuchten schweren Raubes in Wien vor Gericht gestellt werden. Die Jugendlichen sollen einen Mann mit einem Messer bedroht haben, um ihm sein Mobiltelefon abzunehmen.
Mit den Worten: „War es sinnvoll, die U-Haft zu verhängen?", übte Ministerin Karl nun auch geharnischte Kritik am zuständigen Gericht. Die Staatsanwaltschaft meint, der Fall gehöre von einem Richter abgehandelt. Dieser könne dann gegebenenfalls wegen fehlender Schuldfähigkeit von einer Verurteilung absehen. Ob dieser Standpunkt der (weisungsgebundenen) Anklage „haltbar" ist, werde nun geprüft, so Sektionschef Pilnacek.

(m. s.)

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