Patientin starb: Zwei Ärzte vor Gericht

Patientin starb
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Weil am 29. November 2008 eine 23-jährige Patientin im Wiener Krankenhaus Göttlicher Heiland starb, wird zwei Ärzten nun fahrlässige Tötung vorgeworfen.

Wien. „Mit einer besseren Überwachung hätte der Tod von Kirstin R. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden werden können.“ Dies ist der Kernsatz in dem von der Staatsanwaltschaft Wien eingebrachten Strafantrag gegen zwei Ärzte, die am Tod einer 23-jährigen Patientin schuld sein sollen.

Die Frau hatte sich nach Abschluss ihres Wirtschaftsstudiums Ende November 2008 im Krankenhaus Göttlicher Heiland in Wien-Hernals einer beidseitigen Plattfußoperation unterzogen. Danach starb sie an „medikamentöser Atemdepression“. Die Gabe mehrerer Schmerzmittel hatte zu einer Atmungshemmung und einem Herz-Kreislauf-Versagen geführt. Den angeklagten Ärzten wird fahrlässige Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen vorgeworfen. Sie bekennen sich nicht schuldig. Ihnen drohen bis zu drei Jahre Haft.

Auch das Krankenhaus an sich soll, laut Strafantrag, wegen Pflichtverletzung im Rahmen seiner Verantwortlichkeit als Verband verurteilt werden. Stellvertretend für die Krankenhausgesellschaft wies deren ärztlicher Leiter und Geschäftsführer, Johannes Steinhart, die strafrechtlichen Vorwürfe zurück. Er drückte den nun als Zeugen geladenen Eltern der Verstorbenen sein Beileid aus.

Patientin war „unauffällig“

Erstangeklagter war nun der damalige Operateur, ein heute 49-jähriger Orthopäde: Der Eingriff selbst sei komplikationslos verlaufen. Nun wird dem Mediziner vorgeworfen, er habe die Verabreichung eines Schmerzmittels angeordnet, ohne sich vorher informiert zu haben, inwieweit die Frau bereits Schmerzmittel bekommen habe. „Ein lächerlicher Vorwurf. Ich weiß nicht, wer auf die Idee kommt, so einen Vorwurf zu erheben“, hielt der Arzt nun vor Richterin Andrea Philipp dagegen.

Vielmehr habe er vor dem Eingriff eine Standardmedikation angeordnet. Diese umzusetzen und bei Bedarf zu ergänzen, „kann ich vom Operationssaal aus nicht steuern“. Mit ihrer Krankengeschichte sei die junge Frau dann in den Aufwachraum und später auf eine allgemeine Station gekommen. Die Frau habe einen „unauffälligen“ Eindruck gemacht.

Als die Patientin später über Schmerzen klagte, bekam sie von einem Turnusarzt – dieser, ein 39-jähriger Mediziner, ist nun der Zweitangeklagte – weiter Schmerzmittel verabreicht, obwohl sie bereits erhebliche Mengen anderer Medikamente erhalten hatte.

Die Richterin fragte nun den 39-Jährigen: „Haben Sie nach der Operation überprüft, welche Schmerzmittel bereits verabreicht wurden?“ Antwort: „Ich habe nicht komplett alles zusammengezählt.“ Die Medikamente, die er gespritzt habe, seien aber gewiss nicht überdosiert gewesen. Die Patientin sei unauffällig gewesen: „Sie war heiter, sie hat gelächelt.“

Der Anwalt des damaligen Turnusarztes, Ernst Schillhammer, erklärte, sein Mandant habe damals 60 Patienten betreuen müssen. Die Anklage agiere nach dem Motto „Irgendwer muss schuld sein“. Heute, Dienstag, sollen die Urteile verkündet werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.07.2013)

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