Aggressiv und gefährlich? Wie Wespen wirklich sind

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Sind Wespen heuer besonders aggressiv? Hilft Speichel gegen Stiche? Können drei Hornissen einen Menschen töten? Mythen und ihre Aufklärung.

Das Gift von drei Hornissen kann einen Menschen töten. Und das von sieben ein ausgewachsenes Pferd. Ein weitverbreiteter Mythos, der sich bis heute hartnäckig hält – denn um einen gesunden Menschen in Lebensgefahr zu bringen, braucht es schon das Gift von mehreren hundert Hornissen.

Ein Irrglaube ist es auch, dass lang andauernde Hitzewellen wie in diesem Sommer Wespen aggressiver machen und sie dadurch schneller stechen als üblich. „Wespen werden zwar bei extremer Kälte inaktiv, aber ob es nun 20 oder 35 Grad hat, macht für sie keinen Unterschied“, sagt der Salzburger Insektenkundler und Wespenexperte Johann Neumayer. Auch von einer zuletzt immer wieder von den Medien kolportierten Wespenplage will der Entomologe nichts wissen. Die Wespen seien in diesem Jahr weder mehr noch angriffslustiger geworden.

Dass das von vielen Menschen dennoch so empfunden wird, führt er vor allem darauf zurück, dass in den vergangenen Jahren „der Bezug zur Natur etwas verloren gegangen ist. Als ich noch ein Kind war, war es keine große Sache, auf eine Wespe zu treten und gestochen zu werden. Das gehörte eben zum Sommer. Aber heute geraten die Leute gleich in Panik und sprechen von einer Plage“.

Tatsächlich sind von den 300 Wespenarten in Österreich lediglich zehn staatenbildend und nur zwei von ihnen „für den Menschen lästig“, wie es Neumayer ausdrückt. Es sind dies die Gemeine Wespe und die Deutsche Wespe. Sie gehören zu den Kurzkopfwespen, ihre Nester beherbergen bis zu 12.000 Tiere. Wespen – auch Hornissen, eine Wespenart – sind grundsätzlich nicht aggressiv. Kommen sie den Menschen nahe, dann nicht, um sie zu stechen, sondern weil sie auf der Suche nach Nahrung sind. Zu einem Stich kommt es zumeist dann, wenn sie sich bedroht fühlen – weil man nach ihnen schlägt oder sie wegpusten will, denn das Kohlendioxid in der Atemluft bedeutet für die Tiere ein Alarmsignal und versetzt sie in Angriffshaltung.

Lebensgefahr bei Allergikern. Bei Wespenallergikern, deren Zahl in den vergangenen Jahren – wie bei vielen Allergien – zugenommen hat, kann ein Stich lebensbedrohlich werden, falls es durch einen allergischen Schock zu einem Atem- und Kreislaufstillstand kommt. Die ersten Symptome sind Atemnot, Schwindel, Übelkeit, Herzrasen und Kreislaufschwäche. In diesem Fall sollte sofort ein Notarzt gerufen werden.

„Wenn man kein Allergiker ist, kann man den Stich ignorieren“, so Neumayer. „Natürlich tut er ein bisschen weh und es gibt eine Rötung, aber gefährlich ist das nicht. Außer man verschluckt eine Wespe und wird im Rachenraum gestochen.“ Hier bestehe durch eine mögliche Anschwellung Erstickungsgefahr und man sollte ebenfalls umgehend einen Arzt oder ein Krankenhaus aufsuchen. Daher sollten auch Flaschen und Dosen im Freien abgedeckt werden, um zu verhindern, dass Wespen hineinfallen und man sie versehentlich schluckt.

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Aggressiv gefaehrlich Wespen wirklich(c) APA

Dass es hilft, wenn man die gestochene Stelle mit Speichel einreibt, weil dieser das Gift neutralisiert, ist Neumayer zufolge ein weiteres Ammenmärchen rund um Wespen. „Das Gift befindet sich zwei, drei Millimeter tief in der Haut, da kommt man mit dem Speichel gar nicht hin.“ Dieses „Hausmittel“ habe eher einen Placeboeffekt: „Wenn man daran glaubt, weil man davon schon so oft gehört hat, dann hilft es auch.“


Höhepunkt im September. Wespenvölker sterben im Herbst aus, den Höhepunkt der Population erreichen die Deutsche und die Gemeine Wespe sowie die Hornisse im September. Nur die befruchteten Königinnen suchen sich ein Versteck für die Winterstarre. Einige wenige Tiere können bis zum ersten Frost fliegen.

Wespen ernähren sich hauptsächlich von Fliegen und anderen Insekten, da sie mit den Proteinen ihren Nachwuchs füttern. Proteine finden sie auch in Fleisch, weshalb bei Grillfesten oft ein ganzer Schwarm den Grill umringt. Sobald sich die erwachsenen Tiere nicht länger um die Larven kümmern müssen, benötigen sie für ihren eigenen Stoffwechsel nur noch Zucker.

Übrigens: Für Wespennester, die man entfernt haben will, ist nicht der Imker, sondern die Feuerwehr zuständig. Wobei Neumayer auch hier rät: „Wenn es in der Nähe nicht zufällig einen Kindergarten oder eine Schule gibt bzw. die Einflugschneise der Wespen nicht direkt im menschlichen Aufenthaltsbereich liegt, sollte man das Nest am besten ignorieren und einen Bogen darum machen.” Eine nennenswerte Gefahr gehe von ihnen nicht aus, und das Nest werde im nächsten Jahr ohnehin nicht mehr besiedelt, weil die Jungköniginnen ihr neues Volk immer an einer neuen Stelle aufbauen.

Zuckmücken: Eine andere PLAGE

Fast jeder hat sie schon gesehen, doch woher sie kommen und was sie tun, das wissen die wenigsten – jene kleinen, gelben Mücken, die oft zu Hunderten in Wohnungen herumschwirren. Und am nächsten Tag zu Hunderten tot im Zimmer verteilt liegen. Sie gehören zur Familie der Zuckmücke, können eine Körpergröße von zwei bis 14 Millimetern erreichen und ernähren sich zum größten Teil von Pflanzensäften und Nektar. In großen Schwärmen muten sie oft wie eine Rauchwolke an. Und, was alle ahnten, aber doch nicht sicher wussten: Für Menschen sind sie laut Biologen ungefährlich.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.08.2013)

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