Strengere Strafen für Wohnungseinbrecher: Rechtsexperten orten "Wahlkampf-Gag"

Wohnungseinbrüche sollen strenger bestraft werden
Wohnungseinbrüche sollen strenger bestraft werdenAPA/Pfarrhofer
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Analyse. Bei Wohnungseinbrüchen soll die Mindeststrafe von sechs Monaten Haft auf ein Jahr angehoben werden. Dies halten Rechtsexperten nun aber für verfehlt und "absurd".

Man darf schmunzeln, wenn man hört, dass die beiden ÖVP-Ministerinnen Beatrix Karl (Justiz) und Johanna Mikl-Leitner (Inneres) einander neuerdings öffentlich mit Trixi und Hanni ansprechen. Das Thema, bei dem sich diese Gelegenheit zuletzt ergab, ist freilich alles andere als amüsant. Gemeinsam verkündeten sie, die Mindeststrafe für Wohnungseinbruch anheben zu wollen: von derzeit einem halben Jahr auf ein ganzes Jahr Haft. Praktiker halten dies nun aber für „absurd". Oder sprechen gar von einem „Wahlkampf-Gag".

Die Ausgangslage: Derzeit wird Einbruch im Strafgesetzbuch (StGB) als Sonderform des Diebstahls („Diebstahl durch Einbruch") angeführt. § 129 StGB: „Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren ist zu bestrafen, wer einen Diebstahl begeht, indem er in ein Gebäude, in ein Transportmittel, in eine Wohnstätte (. . .) einbricht (. . .)." Derzeit macht es also keinen legistischen Unterschied, ob jemand eine Wohnung als Tatort auswählt, oder ob ein Fahrradschloss geknackt wird.

Allerdings: Einbrecher werden von den Gerichten individuell, ihrer Schuld entsprechend, beurteilt und dementsprechend bestraft. Es liegt im Ermessen eines unabhängigen Richters, wie die jeweilige Tat zu ahnden ist. Und ja: Richter differenzieren in der Regel, ob etwa eine private Wohnung „leer geräumt" wurde, oder ob es sich um eine Lagerhalle gehandelt hat.

Hier hakt der Wiener Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs ein: Er sehe „keinen Grund" für den Vorstoß der Ministerinnen. Dieser habe auch „keinen Vorteil". Enge man den Strafrahmen durch Anheben der Mindeststrafe ein (die Höchstgrenze, fünf Jahre Haft, soll - abgesehen von kriminellen Vereinigungen - bestehen bleiben), so schränke man damit natürlich die Richter bei der Strafzumessung ein. Der richtige Ansatz wäre hingegen, die Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen weiter zu verbessern.

Zum besseren Verständnis dazu einige Zahlen: Heuer wurden im ersten Halbjahr österreichweit 8167 Einbrüche in Wohnungen oder Wohnhäuser registriert. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 8248. Rückgang: ein Prozent. Der bisherige „Höhepunkt" wurde im ersten Halbjahr 2009 mit 11.404 Einbrüchen erreicht.

Kritik kommt auch von der Vizepräsidentin der Wiener Anwaltskammer, Elisabeth Rech: Sie sieht die Ankündigung der Ministerinnen als „Wahlkampf-Gag" und verweist ebenso auf die Rechtsprechung - diese würde sehr wohl berücksichtigen, wie die jeweilige Tat gelagert sei. Auch den Opfern sei nicht mit strengeren Strafen, sondern mit Wiedergutmachung des Schadens und/oder gegebenenfalls einer Therapie geholfen.

Kommission stellt die Weichen

Rechs Anwaltskollege Werner Tomanek wies die Austria Presse Agentur darauf hin, dass viele Einbrüche gewerbsmäßig, etwa von Ostbanden, begangen würden. Da für Gewerbsmäßigkeit ohnedies ein strengerer Strafsatz, nämlich ein bis zehn Jahre Haft, vorgesehen sei, halte er das ministerielle Vorhaben für „absurd".

Entscheidend wird nun sein, in welche Richtung letztlich jene Expertenkommission geht, die derzeit eine umfassende StGB-Reform vorbereitet. Freilich wird ebendort auch die mögliche Unterscheidung zwischen Wohnungseinbrüchen und sonstigen Einbrüchen heftig debattiert. Bis 2015 soll das neue, rundum verbesserte Strafgesetzbuch stehen.

Übrigens: Man darf annehmen, dass sich im Zuge der Reform die Relation zwischen den Strafen für Leib-und-Leben-Delikte und jenen für Vermögensdelikte ändern wird. Das Motto "Mehr Härte bei Vermögensdelikten" wird dabei wohl nicht im Vordergrund stehen. Im Gegenteil: Bei den Sanktionen für Vermögensdelikte wird man voraussichtlich auf einen strikten Law-and-Order-Kurs verzichten.

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