Vergewaltigung in Jugendhaft? Freispruch im Zweifel

Archivbild: Die Vollzugsanstalt Gerasdorf am Steinfeld
Archivbild: Die Vollzugsanstalt Gerasdorf am SteinfeldAPA/ROBERT JAEGER
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Ein 18-Jähriger Tschetschene stand vor Gericht, weil er einen Mithäftling mit einem Besenstiel vergewaltigt haben soll. Der Prozess endet mit einer Überraschung.

Der Prozess gegen einen 18-jährigen Tschetschenen, der Anfang Jänner in der Justizanstalt Gerasdorf am Steinfeld (Bezirk Neunkirchen) einen 16-jährigen Zellengenossen geschlagen und sexuell missbraucht haben soll, hat am Donnerstag mit einer Überraschung geendet: Der Angeklagte wurde am Landesgericht Wiener Neustadt vom Vergewaltigungsvorwurf im Zweifel freigesprochen, jedoch wegen Körperverletzung zu drei Monaten unbedingter Haft verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der gesamte Prozess - erster Verhandlungstag war Anfang Oktober - lief unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Aus der Anklageschrift ging hervor, dass der in Grosny geborene Tschetschene eine 30-monatige Strafe u. a. wegen Erpressung, Raub und Betrug absitzen muss. Am 5. Jänner 2013 – nicht einmal eineinhalb Monate nach der Verurteilung - kam es zur ersten Ausschreitung im Gefängnis. Angeblich weil sein jüngerer Mitinsasse Schulden offen hatte, schlug der Angeklagte diesen im Haftraum nieder. Dazu bekannte sich der 18-Jährige von Anfang an schuldig.

Den zweiten Anklagepunkt, nämlich dass er im Fitnessraum des einzigen Gefängnisses Österreichs für männliche Jugendliche „zur Befriedigung seiner sadistischen Neigung“ (Staatsanwalt) denselben Burschen mit einem Besenstil sexuell missbraucht haben, wies der Tschetschene von sich. Der Schöffensenat fällte einen Freispruch „im Zweifel für den Angeklagten“.

"Erforderliche Sicherheit" fehlt

„Es fehlt die für ein Strafverfahren erforderliche Sicherheit, dass die Vergewaltigung tatsächlich geschehen ist“, begründete die Richterin die Entscheidung. Bei dem angeblichen Opfer konnten im Spital keine Verletzungen diagnostiziert werden, der 16-Jährige habe sich auch bei seinen Schilderungen in Widersprüche verwickelt, eine rektoskopische Untersuchung habe er abgelehnt, weil er sich geniert habe. Der 18-Jährige nahm das Urteil an. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab.

Eine Debatte um den Jugendstrafvollzug war im Frühjahr durch einen Vorfall in der Justizanstalt Josefstadt in Wien ausgelöst worden: Ein 14-Jähriger war am 6. Mai in der Untersuchungshaft von drei älteren Mitgefangenen mit einem Besenstiel vergewaltigt worden. Nach dem Bekanntwerden dieses Vorfalls kam in der Folge u.a. auch der Vorwurf aus Gerasdorf in NÖ ans Licht, obwohl sich dieser bereits im Jänner zugetragen hatte.

(APA)

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