Kind starb nach Operation: Haftstrafen für die Eltern

Eltern, die ihr Kind vernachlässigten, erhielten bedingte Freiheitsstrafen: Die Vierjährige hatte stark kariesbefallene Zähne.

Leoben. Der Fall sorgte österreichweit für Betroffenheit: Im Juni 2012 starb ein vierjähriges Mädchen in der Kinderchirurgie des LKH-Uni-Klinikums Graz infolge einer Zahnoperation. Das Mädchen hatte einen Lungenkrampf erlitten und war aus der Narkose nicht mehr aufgewacht. Das Ärzteteam geriet unter Verdacht. Dann richtete sich der Fokus auf die Eltern. Sie sollen ihr Kind bzw. dessen Zahngesundheit stark vernachlässigt haben. Am Freitag wurden Mutter und Vater zu bedingter Haft verurteilt.

Dem Kind waren zehn Milchzähne entfernt worden. Diese waren massiv von Karies befallen gewesen. Eine interne Untersuchung im Krankenhaus ergab, dass die Mediziner gar nicht fahrlässig gehandelt hatten. Von einem „schicksalhaften Verlauf" war die Rede. Das Ermittlungsverfahren gegen die Ärzte wurde eingestellt. Am Freitag war Gerichtstag für die jungen Eltern, die Mutter ist 25, der Vater 26 Jahre alt. Das Paar erschien ohne Anwalt im Landesgericht Leoben. Dessen Mandat war erst vor einer Woche gelöst worden. Ersatz gab es keinen, zumal - wie ein Gerichtssprecher auf Befragen der „Presse" unterstrich - keine Anwaltspflicht bestand.

Kaputte Zähne mit zwei Jahren

Warum also waren die Eltern nie mit dem Kind beim Zahnarzt? Warum sahen sie zu, wie die Zähne des kleinen Mädchens verfielen? Warum trat diese „gröbliche Vernachlässigung" (Zitat Anklage) ein? Die Milchzähne des Mädchens waren schon desolat, als das Kind knapp zwei Jahre alt war. Die Mutter war auch von der Kinderärztin aufgefordert worden, einen Zahnarzt aufzusuchen.

Sie habe die schlechten Zähne wohl bemerkt, erklärte nun die Angeklagte - verwies dann aber auf ihre (verstorbene) Tochter: „Sie hat gesagt, sie will nicht zum Zahnarzt, sie hat keine Schmerzen." - „Das Kind war kaum zwei Jahre, als bereits alle Zähne weggefault waren. Sie können doch nicht einem so kleinen Kind die Entscheidung überlassen, ob es zum Zahnarzt will", sagte Richterin Sabine Anzenberger. „Das war mein Fehler", so die Mutter leise. „Sie hat viel genascht und Süßes getrunken, und ich fühle mich schuldig, weil ich es ihr nie verboten habe."
Der Vater brachte seine Frau ins Spiel: „Ich habe immer gearbeitet, und meine Frau hat gesagt, sie geht eh zum Zahnarzt." - „Da nehme ich mir einen Tag frei und gehe selbst", meinte die Richterin.

Das wegen des Delikts „Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen" verhängte Urteil: Fünf Monate bedingt (auf Bewährung) für die Mutter, sieben Monate bedingt für den Vater. Er bekam mehr, weil bei ihm noch zwei andere kleinere Delikte dazukamen. Die beiden nahmen das Urteil an. Da aber die Staatsanwältin vorerst keine Erklärung abgab, ist es noch nicht rechtskräftig.

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